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Berufsbezug oder umfassende Handlungskompetenz ?
Berufsbezug oder umfassende Handlungskompetenz?
Dietrich Horstmann – aus dem Werkheft Berufsbezug (1. Auflage 1999 vergriffen ) 2. Auflage 2003 online hier
Ev. Kirche im Rheinland, Abt. Erziehung und Bildung,Düsseldorf 1999
auch veröffentlicht in BRUHeft 30 , S. 39ff
Berufsbezug oder umfassende Handlungskompetenz?
Der Beitrag des Religionsunterrichtes in den Bildungsgängen der Teilzeitberufsschule des Berufskollegs
Diskussionsbeitrag von Dietrich Horstmann
In der Berufsbildungsdiskussion der letzten Jahre ist der „Berufsbezug“ neben „Handlungsorientierung“ zu einem der zentralen Begriffe geworden. Der folgende Beitrag kann keine umfassende Analyse bieten. Er reflektiert auf der Basis der eigenen Realitätswahrnehmung als Berufsschulpfarrer in Duisburg die Situation. Dabei geht es zunächst um die Interessen, die dabei im Spiel sind. Sodann versuche ich im zweiten Teil definitorische Abgrenzungen zum Begriff „Berufsbezug“. Daran anschließend wird begründet, warum „umfassende Handlungskompetenz“ geeigneter scheint, die Didaktik des Berufskollegs zu begründen. Dann wird versucht, theologische Begründungszusammenhänge für einen handlungsorientierten Religionsunterricht (RU) anzudeuten. Aus den Richtlinien NRW wird deren Handlungsbegriff vorgestellt. Dies mündet in Konsequenzen für den RU am Berufskolleg.
1. Die Interessenlagen
Die Auszubildenden
Erwerbstätigkeit ist für die Lebensplanung der meisten Jugendlichen von zentraler Bedeutung. Aber ein lebenslang ausgeübter Beruf gehört angesichts der ökonomischen Veränderungen immer weniger zum Kern ihrer Identität. Überhaupt Arbeit zu haben, hat Vorrang vor einem „Beruf“. Schon diese Relativierung des Berufes verbietet eine didaktische Einengung des RU auf den Beruf. Das Leben der Auszubildenden umfasst nicht nur den Beruf. Selbstkompetenz, Perspektivengewinnung, Partnerschaft und Freizeit sind ihnen ebenso wichtig. Auszubildende würden deshalb „Berufsbezug“ im engeren Sinne als primäre didaktische Leitlinie für den RU ablehnen. Sie schätzen den Freiraum selbstbestimmten Lernens im RU im Kontrast zum verzweckten Lernen. Vor allem aber müssen sie sich ihre gesamte Lebenswelt angesichts der Vielfalt der Wahlmöglichkeiten selbst zusammenfügen; denn fest gefügte Muster gibt es immer weniger.
Die Schule
Die interessenpolitisch gesehen starke Stellung der Wirtschaft drängt die Bildungsaufgabe des Berufskollegs immer mehr an den Rand. Ein möglichst enger „Berufsbezug“ der Bildungsangebote scheint für die Schule ein Mittel zur Legitimation des Berufskollegs gegenüber dem dualen Partner zu sein. Andererseits wissen Schulleitungen und Lehrkräfte, dass sie den Interessen der Betriebe nicht zu sehr entgegenkommen dürfen. Durch zu einseitigen Berufsbezug würde der Lernort Schule überflüssig. Dennoch wächst die Bereitschaft, den umfassenderen Bildungsauftrag zurückzustellen bei Schulleitungen und -ministerien. Bei Lehrys ist dagegen ein Festhalten an der wissenschaftlich fundierten Fachlichkeit festzustellen: Dies richtet sich gegen einen zu engen Berufsbezug, aber vor allem gegen eine puristische Handlungsorientierung im Sinne von Produktorientierung.
Die Ausbildungsbetriebe
Unter Rationalisierungs- und Kostendruck verbunden mit kurzfristigem Gewinnstreben ist für viele – aber nicht für alle – Betriebe die Reduzierung der Schulzeiten wichtig. Obwohl alle seriösen Kostenrechnungen – auch aus der Wirtschaft – belegen, dass Ausbildung sich langfristig rechnet, schlägt das Streben nach sofort zu realisierenden Erträgen immer mehr durch. Mit dem Argument „Berufsbezug“ im Sinne von sofort verwertbarer Arbeitsleistung wird eine Reduzierung und Verdichtung von Unterricht vor allem im berufsübergreifenden Bereich gefordert. Hier ist auch häufig vom „Praxisbezug“ die Rede, so als ob Praxis ohne Reflexion als solche eine bildende Funktion habe. Berufsbezug ist in diesem Kontext ein Kampfbegriff zur Sicherung ökonomischer Interessen vor allem beim traditionellen Handwerk und im Einzelhandel, die unter hartem Wettbewerbsdruck stehen und deshalb jede Arbeitsstunde der Auszubildenden zu benötigen meinen. In der Tendenz ist es also das Interesse, die Arbeit zu entberuflichen und auf Jobs zu reduzieren.
Die berufliche Bildung/ Berufspädagogik
Von Seiten der Wissenschaft im Berufsbildungsbereich, von den Spitzenorganisationen der Wirtschaftsverbänden und den Gewerkschaften wird mit dem Konzept der Handlungsorientierung eine Verknüpfung von beruflichen Handlungssituationen und schulischen Lernsituationen zum Erwerb von humanen, sozialen, fachlichen und methodischen Kompetenzen mit dem Ziel einer umfassenden Handlungskompetenz verfolgt. Dabei ist offen, an welchen Lernorten oder mit welchen Fächern diese Kompetenzen erworben werden.
Ob das Berufskolleg dafür langfristig notwendig ist, ist umstritten, ebenso, ob es weiterhin Fächer geben soll. Vor allem der inhaltliche Beitrag von Deutsch, Politik, Religion und Sport steht immer wieder zur Debatte. Die Eingriffe der Wirtschaft in die Inhalte dieser Fächer mit dem Hinweis auf angeblich fehlenden Berufsbezug nehmen zu.
Die Politik
Die Debatte um den Berufsbezug in der Politik ist von der neoliberalen Globalisierungsdrohung einerseits und den steigenden Zahlen von Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz bestimmt. Angesichts dieses Druckes geben die Parteien – in unterschiedlichem Ausmaß – immer mehr den Forderungen der Wirtschaft nach und kürzen den berufsübergreifenden Bereich zugunsten der berufsbezogenen Fächer. Die Organisation des Unterrichts wird „berufsbezogen“ vorgenommen. Eine Sonderstellung nehmen die Grünen ein. Sie fordern eine fundierte Obligatorik im Berufskolleg in Abgrenzung von reinen Wirtschaftsinteressen, wollen aber den konfessionellen RU durch das Fach „Lebensgestaltung “ Ethik “ Religionen“ (LER) ersetzen. Die Vollzeit-Ausbildungs-Programme, die den Jugendlichen Angebote zur Ausbildung und zum beruflichen Einstieg machen, sind weitgehend vom Erwerbssystem losgelöst. Sie zeigen die Dilemmata der Politik angesichts der Wandlungen im Beschäftigungssystem.
Die Evangelische Kirche und die Religionspädagogik
Die Evangelische Kirche bietet ein uneinheitliches Bild, weil sie weder bildungspolitisch noch didaktisch abgestimmte und einheitliche Konzepte hat. Der „Orientierungsrahmen“ ist eine nicht verbindliche Arbeit der Religionspädagogischen Institute und der AEED und wirkt „überholt!“ (1991). Auf der Basis der Denkschriften, vor allem des Sozialwortes der Kirchen, müsste dringend ein Konsens gefunden werden, um den Stellenwert von Arbeit und Beruf und den der Religion am Berufskolleg zu begründen. Dabei ist erstaunlich, dass die jüngste Denkschrift „Handwerk als Chance“ (1997) den Berufsschulreligionsunterricht überhaupt nicht erwähnt und weithin unkritisch konservative wirtschafts- und gesellschaftspolitische Vorstellungen der Handwerksverbände übernimmt.
Eine fundierte religionspädagogische Position muss den Beitrag des Religionsunterrichtes zum Lebensraum „Beruf“ ebenso wie zu allen anderen Lebensräumen der Auszubildenden deutlich machen. Der Grundkonsens mit der Berufspädagogik und den Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz (KMK) scheint insgesamt vorhanden: „Umfassende Handlungskompetenz“ entspricht auch dem Anliegen der Religionspädagogik. Diesen Anspruch aber wird die Religionspädagogik nur im Verbund mit den anderen Fächern des berufsübergreifenden Bereichs leisten können.
2. Definitorische Abgrenzungen
Der Begriff „Berufsbezug“ ist nicht nur interessenpolitisch vielschichtig. Auch sachlogisch sind Abgrenzungen notwendig.
Ich unterscheide einen weiteren von einem engeren Berufsbezug: einerseits also Bezüge zum Beruf an sich und andererseits Bezüge zum konkreten Ausbildungsberuf. Es ergeben sich dabei Überschneidungen, z.B. bei den biografischen und den individuellen Bezügen.
Die jeweils angeschlossenen Problemfragen versuchen in erster Linie mögliche Fragerichtungen der Auszubildenden oder Fragen, die ihre Interessen im Blick haben, aufzunehmen. Sie machen deutlich, dass der RU von den Subjekten her denkt und damit die persönliche und soziale Handlungskompetenz im Kontext des Berufes im Blick hat und sich nicht primär an Prinzipien oder Bildungsgehalten, an beruflichen Handlungsfeldern oder an durch Ausbildungsordnungen festgelegten schulischen Bildungsgängen orientiert.
2.1 Bezüge zum Beruf an sich
Bei diesem weiteren Berufsbezug wird die Bedeutung des Berufs in einem größeren Kontext gesehen: Biografie, Gesellschaft, Wirtschaft und globale Situation.
Bezug zum Leben des Einzelnen (biographischer Bezug)
Hier geht es darum, welchen Stellenwert „Beruf“ überhaupt für die Lebensplanung haben kann. Inwieweit soll ich überhaupt einen Beruf lernen, wenn ich in meinen gewünschten Beruf sowieso keinen Ausbildungsplatz erhalte? Wozu muss ich überhaupt arbeiten? Es gibt angesichts der Knappheit von Erwerbsarbeit eine Fülle von Alternativen zum Beruf: Aussteigen ? kriminell werden ? Jobben ? Lottogewinn ? Versorgung durch die Sippe ? Schwarzarbeit ? Ehrenamt.
*“ Warum soll ich mich für eine ohnehin ungewisse Zukunft quälen? ?Spaß haben ist angesagt“.
* Brauche ich für die Lebensplanung, etwa zur Familiengründung, einen Beruf? ?Jobben reicht?.
* Was leistet der Beruf für das persönliche Wachstum? Welchen persönlichen Sinn bietet er?
* Wie kann ich einen Beruf und meine Grundüberzeugungen, Glaube und eigene Ideale miteinander vereinbaren?
* Was bedeutet es für meine Lebensplanung, wenn Phasen beruflicher Tätigkeit und Phasen von Arbeitslosigkeit oder unbezahlter Familienarbeit einander ablösen?
Bezug der Gesellschaft zum Beruf (sozialer Bezug)
Hier geht es darum, welchen Stellenwert „Beruf“ für den Staat und die Gesellschaft hat und umgekehrt, wie gesellschaftliche Veränderungen auf den Beruf zurückwirken.
* Wie wird angesichts des „Endes der Erwerbarbeitsgesellschaft“ die Zukunft aussehen?
* Inwieweit ist die Verteilung von Reichtum noch an Arbeit und Leistung im Beruf gebunden?
* Wie sieht eine gesellschaftsverträgliche Verteilung von Arbeit, Arbeitszeit und Freizeit aus?
* Wie ist der Zugang zum Beruf für Männer und Frauen?
* Wie wird mit Arbeitslosen umgegangen?
* Inwieweit soll es eine für alle geltende arbeitsfreie Zeit geben (Feiertag, Sonntag)?
* Wie werden unterschiedliche Interessen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verhandelt?
* Inwieweit ist berufliche Bildung staatliche Aufgabe?
* Wie soll die Altersversorgung geregelt werden? Soll sie weiterhin überwiegend aus Erwerbsarbeit erwirtschaftet werden?
Bezug der Wirtschaft zum Beruf (ökonomischer Bezug)
Hier geht es um volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Bezüge des Berufs.Welchen ökonomischen Nutzen hat – geregelte – Berufstätigkeit für die Gesellschaft?
* Inwieweit ist berufliche Bildung Aufgabe der Wirtschaft?
* Welche Rahmenbedingungen für den Beruf sind für den wirtschaftlichen Erfolg notwendig?
* Welches Entlohnungssystem ist ökonomisch und gesellschaftlich sinnvoll?
* Wie viel Steuern sollen von wem für die Berufsausbildung aufgebracht werden?
* Darf alles produziert werden, was möglich ist (Produktethik)?
Weltweite Bedeutung von Beruf (globaler Bezug)
Hier geht es um die aus der globalen Situation sich ergebenden Bezüge des Berufs. Welche Bedeutung haben Berufe und deren Leistungen angesichts der „Globalisierung“?
* Wie sind die Probleme: Arbeitslosigkeit, Ausbeutung, Kinderarbeit, Benachteiligung der Frauen und die aus ihr folgenden weltweiten Probleme wie z.B. Migration zu lösen?
* Welche religiösen und kulturellen Traditionen wirken auf den Beruf und das Berufssystem ein?
* Welchen Beitrag leisten die Berufe zu Frieden, Gerechtigkeit, Schöpfung und Partizipation?
2.2 Bezug zum konkreten Ausbildungsberuf
Hier geht es also um den jeweiligen Ausbildungsberuf des Auszubildenden und die betriebliche Realität. In diesem Sinne wird ?Berufsbezug? zumeist gebraucht. Es handelt sich dabei um eine Engführung.
Bezug der Auszubildenden zum konkreten Beruf
Hier geht es um den Berufsbezug der Auszubildenden im engeren Sinne in seiner Ausbildungssituation also die ?Innenseite? des Erlebens im Beruf .
* Welchen Bezug zu meinem konkreten Ausbildungsberuf habe ich? Ist es ein Wunschberuf oder ein Notberuf?
* Welche persönliche Erfahrungen mache ich in meinem Ausbildungsberuf?
* Was trägt meine Ausbildung zu meinem Selbstwertgefühl z.B. durch das verdiente Geld, zur Bewährung meiner Fähigkeiten bei?
* Wie gehe ich mit Versagen um?
* Wie wehre ich mich gegen Mobbing?
* Wie kann ich durch meinen Beruf meine Fachkompetenz und meine soziale Kompetenz erweitern?
* Wie kann ich in meinem Ausbildungsverhältnis „Chef / Chefin“ meines Lebens bleiben oder werden?
Bezug zu den konkreten Berufsanforderungen (funktionaler Bezug)
Hier geht es um den Bezug zum konkreten Arbeitsplatz und seinen Anforderungen in der Ausbildung
* Inwieweit trägt meine Arbeit zur Verbesserung des Betriebsergebnisses bei? Wem nutze ich?
* Erhalte ich dafür angemessene Vergütung?
* Ist mein Arbeitsplatz nur rein funktional oder nimmt er auf menschliche Bedürfnisse Rücksicht? Wieweit muss ich meine Persönlichkeit aufgeben?
* Sind die Arbeitsbedingungen sozial?
* Welche Konflikte erlebe ich am Arbeitsplatz?
* Wie sind die Beziehungen am Arbeitsplatz? Habe ich Mitbestimmungsmöglichkeiten?
* Welchen Platz in der Hierarchie des Betriebes nehme ich ein?
* In welche moralischen Dilemmata führt mich die Ausbildung?
* Kann ich etwas von meinen Idealen verwirklichen?
* Was kann ich alleine oder mit anderen zusammen tun, um meine Situation zu gestalten?
3. Umfassende Handlungskompetenz in beruflichen und außerberuflichen Situationen als Schlüssel für die berufliche Bildung und für den Religionsunterricht
Zumeist wird Berufsbezug im engeren Sinne als rein funktionaler Bezug zu einen Arbeitsplatz / Ausbildungsplatz definiert. Zusammen mit dem Begriff im weiteren Sinne könnte ?Berufsbezug? durchaus als ein Schlüssel der Berufspädagogik dienen.
Der so umrissene Berufsbezug im umfassenden Sinne blendet aber die anderen Lebenswelten der Auszubildenden aus: Selbstfindung, Partnerschaft, Familie, Wohnen, Freizeit, Konsum, …
Diese weiteren Lebenswelten sind aber aus der Sicht der Auszubildenden, einer ganzheitlichen theologischen Anthropologie sowie der modernen Berufsbildung mindestens ebenso wichtig. Deshalb scheint es angebrachter zu sein, als Generalschlüssel für die Berufliche Bildung den Begriff der „umfassenden Handlungskompetenz in beruflichen und außerberuflichen Situationen“ zu benutzen. Dabei ist mit „Situation“ nicht nur das singuläre Erleben gemeint, sondern die jeweilige Lebenswelt und die Erfahrungen, die dort gemacht werden.
4. Theologische Begründungen für die „umfassende Handlungskompetenz“
Mit Blick auf den „Berufsbezug“ scheinen mir theologisch folgende Begründungszusammenhänge wichtig:
Unter der eschatologischen Perspektive der Verheißung sind Lebenssituationen immer schon bestimmt von Gott, der in Lebenssituationen auf uns zukommt. Deshalb sind sie als solche Gegenstand des Religionsunterrichtes. Es gibt keine Lebensbereiche, die auszunehmen wären oder sich als besonders geeignet für den RU erweisen.
In der unbedingten Annahme des Menschen durch Gott wurzeln Befreiung, Glück und Sinn des Lebens für sich und andere in Beruf und anderen Lebenswelten.
Der Wert und die Würde eines Menschen hängen nicht an dem Maß seiner beruflichen Leistungsfähigkeit. Beruf und Arbeit können also nicht alleine bestimmend sein.
Zur Handlungskompetenz aus christlicher Perspektive im Beruflichen gehören deshalb bewertende Handlungen (Diskurse), wie z.B. Inwieweit entspricht mein Beruf der Verantwortung für die Befreiung des Menschen, seiner Würde und seinem persönlichen Wachsen?
Oder z.B. im globalen Kontext: Wo fördert und wo hindert der Beruf den Einzelnen und das Berufssystem die Gesellschaft, zusammen mit anderen in Frieden, Gerechtigkeit und Schöpfungsgemäßheit zu leben? Wie kann umfassende Teilhabe aller ermöglicht und erweitert werden? Aus theologischer Sicht kann also der Religionsunterricht nicht affirmativ berufliche Praxis sanktionieren.
Im Interesse einer authentischen, angemessenen, kritischen, sozialen und zukunftsoffenen Kompetenz wird er auch Gegenwelten und Alternativen aufzeigen müssen: Er ist eben in allen Lebenssituationen letztlich auf sie Transzendierendes, das christlich gesprochen in dem Begriff Gott zusammengefasst wird, bezogen und nicht auf den Beruf allein. Dieser Bezug auf Gott aber ist kein Bezug zu fertigen Antworten oder Wahrheits- oder Wertsystemen, sondern ein Angebot, sich im Kontext der vielfältigen Traditionen selbst eine Lebenswelt zu schaffen, die Zukunft eröffnet.
5. Richtlinien Evangelische Religionslehre für das Berufskolleg
Als ein ausgeführtes Beispiel für umfassende Handlungskompetenz stehen die Richtlinien NRW 1995. 1998 wurden sie zur Erprobung freigegeben unter der Bedingung der Klärung „der Frage, ob der Berufsbezug hinreichend deutlich dargestellt ist“ (So der vorletzte Satz im Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 1998-02-06, I C 6.36-10/2-50/97, der die Richtlinien für drei Jahre in Kraft setzt.)
„Diese Richtlinien nehmen die Überlegungen zur Entwicklung von Handlungskompetenz in der beruflichen Bildung auf. Unter Handlungskompetenz wird die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen verstanden, in beruflichen und außerberuflichen Situationen problemorientiert, sachgerecht und verantwortlich zu handeln. Dies wird in Qualifikationen beschrieben.
Unter Handlungskompetenz wird im Religionsunterricht die Bereitschaft und Fähigkeit verstanden, in (Lebens-)Situationen [also beruflichen und außerberuflichen! D.H.] authentisch, angemessen, kritisch, solidarisch und zukunftsoffen zu handeln.
Handeln ist hier weit gefasst als inneres und äußeres christliches ?Tun?. Dabei wird für den Religionsunterricht zwischen den Handlungsdimensionen Fühlen, Kennen, Urteilen, Mitbestimmen und Hoffen unterschieden.
Lebenssituationen sind im Religionsunterricht unter religiöser Perspektive zu sehen. In diesen Richtlinien wurde dafür die eschatologische Perspektive der Verheißung gewählt. Sie soll die Bestimmtheit des Lebens von Gott, der in Lebenssituationen auf uns zukommt, ausdrücken.“ (Vgl. Kap. 2.1 in: Richtlinien zur Erprobung für die Bildungsgänge der Berufskollegs in NRW: Evangelische Religionslehre, Düsseldorf 1998, S. 15.)
Entgegen dem üblichen Sprachgebrauch werden hier bewusst die sonst rein funktional zu verstehenden „Qualifikationen“ auch für umfassendere persönliche „Kompetenzen“ angewandt. Eine genaue Aufteilung von bloß beruflich verwertbaren Fähigkeiten (Ausbildung) und darüber hinaus reichenden persönlichen und sozialen Befähigungen (Bildung) ist unmöglich. Insofern setzen sie einen umfassenden Begriff von Berufsbezug voraus. Sie gehen aber über diese berufliche Perspektive hinaus, weil die beruflichen Situationen ein zu begrenztes Lernfeld darstellen, um weiter reichende Handlungskompetenz zu erreichen.
Die Richtlinien sind also umfassend auf die gesamte Lebenswirklichkeit bezogen und verbieten eine Engführung auf „Berufsbezug“. Besonders wichtig ist dabei die Mitwirkung der Schülys bei der Konstruktion von Unterrichtsvorhaben: Mit ihnen zusammen sind Situation, Qualifikation und Themen miteinander im Diskurs zu vermitteln; denn sie sollen selbständig ihre Unterrichtsvorhaben aushandeln, weil es darum geht, dass sie sich selbständig in ihren Lebenswelten behaupten und Verantwortung übernehmen.
6. Mögliche thematische Aspekte zum Thema Arbeit und Beruf im RU
Der Religionsunterricht hat schon immer Fragen des Berufes bearbeitet. Dabei hat er folgende thematischen Aspekte aufgenommen:
(vgl. auch. Dietrich Horstmann, Meine Ausbildung und mein Beruf, Kompetenzen erwerben mit lebendigem Lernen (TZI), in: Handbuch Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen, Gütersloh 1997, S. 357ff. und die überarbeitete Fassung auf dieser homepage- Ausbildung und Beruf – Elemente)
Meine Berufswünsche in der Kindheit;
Meine Wege zum Ausbildungsberuf;
eigene Motive (Wünsche, Träume, Erwartungen);
Einflüsse von außen (Eltern, Schule,… );
Hindernisse und eigene Schritte zur Ausbildung;
Meine Situation im Beruf als Auszubildender;
Meine Stärken und Schwächen für den Beruf;
Fachliche Qualifizierung – Leistung – Versagen;
Meine Kontakte zu anderen – Kollegialität;
Konflikte mit anderen – Interessenvertretung;
Autorität – Anpassung – Gehorsam – Widerspruch;
Moralische Dilemmata;
Mein Status jetzt und der meines Berufes;
Vergütungen – Geld;
Rahmenbedingungen beruflicher Arbeit: Organisation – Arbeitszeit – Urlaub;
Sinn der Arbeit – für mich, für andere;
Zukunftsperspektiven in und mit dem Beruf als …
persönliche Perspektiven nach der Ausbildung;
Arbeitsmarktperspektiven im erlernten Beruf;
Zukunft der Arbeit und meine Zukunft;
Mein Beruf in der Perspektive meines Lebens.
Im thematisch-problemorientierten Ansatz ist die Aufnahme von Problemen aus der Berufssphäre selbstverständlich. Lebendiges Lernen im Religionsunterricht am Berufskolleg hat aber alle Aspekte des Lebens im Blick und nicht nur den Beruf.
7. Konsequenzen für den Religionsunterricht am Berufskolleg
Es geht also dem RU um umfassende Handlungskompetenz in beruflichen und außerberuflichen Situationen. Dabei ist es durchaus wünschenswert, möglichst viele Kompetenzen an den beruflichen Handlungsfeldern zu orientieren und auf den Beruf bezogene Lernfelder zu finden. Konkrete Arbeits-, Ausbildungs- und Berufssituationen haben also Priorität auch für den RU. Das bedeutet: Das Fach Religion wird sich nicht mehr isoliert legitimieren und durchführen lassen. Es stellt sich noch mehr auf fächerübergreifendes Lernen ein.
Wegen der Spezialisierung der Berufe und ihrer unterschiedlichen Nähe zur gesamten Realität des Lebens werden das Ausmaß und das Gewicht der beruflichen Situationen allerdings sehr unterschiedliche Berücksichtigung finden. Im sozialpädagogischen Bereich werden ganzheitliche Situationen eher anzutreffen sein als in Ausbildungsgängen für die industrielle Produktion. Ein ausschließlicher oder oft krampfhaft gesuchter Berufsbezug verbietet sich also.
Der Religionsunterricht kann sich darin aber nicht erschöpfen. Wie andere Fächer im beruflichen Schulwesen bearbeitet der RU wegen seiner ganzheitlichen Orientierung auch Situationen in anderen Lebenswelten der jungen Generation (z.B. Selbst- und Sinnfindung, Partnerschaft, Freizeit und Konsum, Gesundheit und Klärung religiöser Einstellungen und Haltungen …). Diese haben zwar indirekt auch einen Bezug zum Beruf, weil sie die Stabilität und Leistungsfähigkeit der Person wesentlich mitbestimmen, aber sie gehen darin nicht auf. Deshalb müssen in unterschiedlichem Umfang Lernsituationen hinzugenommen werden, die weder einen weiteren noch einen engeren Berufsbezug haben.
Vor allem aber muss gewahrt bleiben, dass die jungen Erwachsenen einen Lernraum behalten, in dem sie frei über Methoden, Inhalte und Ziele des Unterrichts (mit)entscheiden können. Die Abmeldemöglichkeit schützt diesen Lernraum zur freien Konstruktion von alternativen Möglichkeiten, Probehandeln und Kreativität, offenem Austausch, Aneignung aktuellen Wissens jenseits von Vorgaben, Phantasie für Gegenwelten und selbstgewählten Projekten. Zweckfreies „Transzendieren“ im wörtlichen Sinne ist ein wesentliches Proprium des RU, das junge Erwachsene brauchen und gerne annehmen.
Für die konkrete Arbeit zum Thema Beruf im RU verweise ich auf
l: Dietrich Horstmann: Meine Ausbildung und mein Beruf. Kompetenzen erwerben mit lebendigem Lernen (TZI), in: Handbuch Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen, Gütersloh 1997, S. 357ff
Kurzfassung auf dieser homepage
BRU-Magazin Nr. 26 mit dem Titel ?Thema: Arbeit?, erschienen 1997.
Modellversuch 3
III.A Versuch einer Umsetzung nach Modell 3: RU als eigenes Lernfeld
1. Situationsbeschreibung
Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschule in Freiburg, Abteilung Vermessungstechnik.
Blockunterricht, 2 mal 6 Wochen pro Schuljahr. Die Schülys arbeiten in einem Klassenzimmer, welches einem Großraumbüro gleicht, ausgestattet mit PC-Arbeitsplätzen incl. Internet-Anschluß, Videobeamer und Magnettafel statt Kreide und Schwamm. Sie werden in der ersten Blockhälfte mit einer Fallstudie konfrontiert und erhalten hierzu einen konkreten Lernauftrag. Sie haben Gleit- und Kernzeiten, wie man es von der Arbeitswelt her kennt und gestalten ihre Pausen entsprechend ihres Arbeitsrhythmus. Sie wählen eine Aufgabe, die sie bearbeiten wollen und bereiten die Inhalte in Absprache mit ihren Teammitgliedern so auf, dass sie ihren Mitschülern verständlich werden. Die Darstellung der Inhalte erfolgt in der zweiten Blockhälfte mit sogenannten „Präsentationen“, zudem erstellen die Schüler abschließend, in Einzel- wie Partner- oder Gruppenarbeit ein sog. „Elektronisches Fachbuch“ zur Vermessungstechnik, auf welches im Internet zugegriffen werden kann („Schule ans Netz“). Bei den Präsentationen sind alle Schüler und alle Lehrer, die im Projekt unterrichten, anwesend. Integriert sind die berufsbildenden Fächer sowie z.Zt. die Fächer Deutsch und Gemeinschaftskunde aus dem Bereich der Allgemeinbildung, ebenso Religion. Die Lehrer wirken zunächst hauptsächlich beratend („Scaffolding“), haben feste Zeiten der Anwesenheit, organisieren Lernfelder durch Verfassen von Leittexten und Aufgabenstellungen. In der zweiten Blockhälfte geben sie zusammenfassende Überblicke über die verschiedenen Themenfelder,, konzipieren Klassenarbeiten und Trainingsbogen zur Prüfungsvorbereitung. Die Noten setzen sich zusammen aus der Fachnote für die Präsentation, einer Note für die Durchführung der Präsentation, sowie den Ergebnissen von Klassenarbeiten.
Die Vorgaben:
a) Die Fallstudie
Alle Schülys der Klasse des dritten Ausbildungsjahres der Vermessungstechnik wurden mit folgender Fallüberlegung konfrontiert:
b) Der konkrete Lernauftrag
c) Der Religionsunterricht
Baseballplatz: Gemeinsame Projektarbeit
Hier: Die ethisch/religiöse Reflexion
Als Ergebnis der Projektarbeit wird u.a. eine ethisch/religiöse Reflexion von Sport als Freizeitvergnügen erwartet. Diese fächerübergreifende Aufgabenstellung möchte es Ihnen ermöglichen, über die vermessungstechnisch-fachlichen Frage- und Problemstellungen hinauszublicken auf eine nochmals ganz andere Dimension. Auf den ersten Blick erscheint diese zunächst sehr nebensächlich, bei genauerem Hinsehen werden Sie hier mit Fragen konfrontiert, die Ihr Leben prägen und bestimmen. Sie glauben das nicht? Sehen Sie selbst und entscheiden Sie sich für eine der Fragestellungen.
Hinweise:
*
Alle Themenvorschläge sind Vorschläge, d.h. sie können in Absprache verändert werden.
*
Die darunter aufgeführten Akzentsetzungen und Fragestellungen sind lediglich Impulse, d.h. sie müssen nicht »abgearbeitet« werden, sie sind offen für Ihre Interessen.
*
Entscheiden Sie sich in der Gruppe für ein Thema. Bietet ein Thema mehrere Aspekte, so kann es auch von mehreren Gruppen bearbeitet werden.
*
Berücksichtigen Sie dabei evtl. Beziehungen/Kontakte, die in ihrer Gruppe vorhanden sind. Siehe dazu jeweils unter HO (= Handlungsorientierung), auch diese ist als Vorschlag zu verstehen.
*
Versuchen Sie nach Möglichkeit, die Aufgabe durch Besuche vor Ort zu lösen. Treffen Sie hierzu klare Terminvereinbarungen, wenn möglich in den Nachmittagstunden.
*
Berichten Sie der Gruppe von ihren Erlebnissen und Erkenntnissen.
*
Dokumentieren Sie ihre Ergebnisse in einer selbstgewählten Form. (Bericht, Video, Fotos, Wandzeitung, Grafik, Tonbandaufnahme, etc.)
Ihre Bemühungen werden bewertet. Wichtig sind Sorgfalt, Kreativität, Engagement, Präsentation, Dokumentation. Diskutiert werden muss, in welche Fächer Ihre Note einfließt.
Lernaufträge
zur ethisch/religiösen Reflexion von Sport
1.
Sport und Umwelt: Der Sport und die Ökologie
Was ist Ökologie, ökologische Gesichtspunkte bei der Konzeption einer Sportstätte, Sport als Belastungsfaktor für die Umwelt, Natur als Heiligtum, … ?
HO: Gespräch mit dem Planungsamt
1.
Sport und Ehrenamt: Ehrenamtliche Arbeit und deren Motivation
Was ist ehrenamtliche Arbeit, welche Arbeiten werden ehrenamtlich geleistet, in welchem Umfang geschieht dies, warum engagieren sich Menschen im Sport, … ?
HO: Interview mit den Verantwortlichen der »Freiburg Knights«
1.
Sport und Gesellschaft: Die gesellschaftliche Funktion des Sports
Warum gibt der Staat (Land, Kreis, Gemeinde) Geld aus für den Sport, Güterabwägung: Jugendzentrum oder Sportstadion, Sport zur Zeit des Nationalsozialismus, …
HO: Die Haushaltspolitik der Stadt Freiburg, Anfrage an die Parteien
1.
Sport und die Fans: Event, Konflikt, Hooligans, Polizei …
Warum ist ein Fan ein Fan, was sucht er, was bekommt er, was braucht er, welche Fan-Clubs gibt es, welche Ziele haben sich diese gesetzt, was ist ein Hooligan … ?
HO: Interview mit einem Fanbeauftragten der Vereine oder der Polizei
1.
Sport und Kommerzialisierung: Fakten, Chancen und Gefahren
Wie finanzieren sich Vereine, wofür brauchen sie Geld, woher kommt es, warum investieren manche Menschen/Firmen viel Geld in den Sport, … ?
HO: Sponsorenkasting
1.
Sport und Gesundheit: Risiko- und Belastungsfaktoren
Ist Sport wirklich gesund, welche gesundheitlichen Belastungen sind gegenwärtig häufig, wie kann man diese durch Sport kompensieren, welche Risiken birgt Sport, … ?
HO: Gespräch mit einem Sportmediziner z.B. der Sporttraumatologie
1.
Sportstätten als Kultstätten: Heiligtümer für heilige Rituale
Was bedeutet eigentlich »heilig«, welche Bedeutung hat der Begriff im Hinblick auf den Sport, welche Gegenstände oder Rituale sind dem Fan heilig, was verbindet er damit, … ?
HO: Porträt eines Fanclubs oder Fanladens
1.
Sport und Selbsterfahrung: Konzentration, Meditation, Ekstase
Was bedeuten die genannten Begriffe im allgemeinen und beim Sport, wozu werden sie gebraucht, welche »Kiks« gibt es im Sport, welche Funktion haben diese, … ?
HO: Gespräch mit einem Extrem- oder Leistungssportler
Zur Konzeption dieses RU
Auf den ersten Blick scheinen die verschiedenen Aufgabenstellungen lediglich mehr oder weniger mit Religionsunterricht zu tun zu haben. Viele weitere solcher Aufgabenstellungen sind natürlich denkbar. Entscheidend dafür, dass mit solchen Vorgaben Religionsunterricht geschieht, ist die Begleitung der Schülys. Von zentraler Bedeutung ist zunächst die Einstiegsphase, in welcher sich die Schülerinnen ihre Fragestellungen erarbeiten, denn die Vorgaben sind sehr offen und allgemein gehalten, auf eine enge Ausrichtung auf theologische Inhalte hin wurde bewusst verzichtet. Diese sollen mit den Schülerinnen gemeinsam erarbeitet werden. Unverzichtbar ist jedoch die Erstellung eines differenzierten Erwartungshorizontes des Lehrers.
Anzumerken ist, dass dieser konfessionell-kooperative Religionsunterricht auch mit dem Fach Ethik kooperiert, da eine Schülerin (Zeugin Jehowa) nicht am RU teilnimmt.
III.B Auswertung des Modellversuchs »RU als eigenes Lernfeld«
Der Unterrichtsblock mit des 3. Lehrjahrs der Vermessungstechniker dauerte insgesamt sechs Wochen. Und so war es:
Die Planung
Blockwoche 1 dient der Einführung in die Thematik und um einen Überblick über fachliche Grundlagen und Zusammenhänge zu geben. Blockwoche 2 und 3 sind für die Gruppenarbeiten vorgesehen, d.h. die Schüler arbeiten selbstständig in ihrem Team an den Aufträgen, die Arbeits- und Zeitplanung bzw. -aufteilung obliegt den Schülern. Der »Stundenplan« gilt zwar weiterhin, aber nur für die Lehrer: sie begleiten und unterstützen in dieser Phase und sind (mindestens) während ihrer Unterrichtszeiten anwesend. Der Abgabetermin für alle Gruppen ist fix. Erwartet wird eine ausführliche schriftliche Ausarbeitung zu den einzelnen Fragestellungen, eine Präsentation der Ergebnisse vor der Klasse und den anwesenden Lehrern, möglichst durch PowerPoint unterstützt, sowie die Erstellung von Materialien für die Mitschüler, da diese auf die Ergebnisse der anderen angewiesen sind um die ganze Stoffbreite zu erschließen. Die Blockwochen 3 bis 6 sind für die Präsentationen und für die Erarbeitung dessen, was andere Gruppen erschlossen haben, eingeplant. Jede Gruppe präsentiert an einem Vormittag in ca. 2 Schulstunden ihre gesamten Ergebnisse und bekommt sowohl jeweils eine Fachnote für den Inhalt und eine für die Präsentation selbst, diese zählt als Deutschnote.
Der Verlauf
Ich möchte an dieser Stelle nicht den Gesamtverlauf, sondern einige markante Beobachtungen von meinen Schülys und mir skizzieren:
Das war gut:
Das war schwierig:
Mein Resümee:
Meine Ausbildung und mein Beruf
Meine Ausbildung und mein Beruf
Kompetenzen erwerben mit Lebendigem Lernen (TZI)
Handlungsorientiertes Lernen
Im BRU geht es um den Erwerb von Kompetenzen, in beruflichen „Lebenssituationen authentisch, angemessen, kritisch, solidarisch und hoffend zu handeln“ (Richtlinien, S. 13). „Lebendiges Lernen“, eher bekannt unter der Bezeichnung „Themenzentrierte Interaktion“ (TZI; Cohn 1974), eignet sich dafür in besonderem Maße.
In der TZI sind äußere und innere Realität Ausgangs- und Zielpunkt. Ausbildung und Beruf sind für die Mehrzahl der Auszubildenden zentraler Lebensinhalt. Die Tatsache, schon im Berufsleben zu stehen und Geld zu „verdienen“, vermittelt ihnen ein starkes Gefühl des Selbstwerts gegenüber anderen Gleichaltrigen. So ist der Beruf für 84 % der berufstätigen Jugendlichen Hauptbezugspunkt ihres Lebens. Dabei sind 31 % ausgesprochen berufsorientiert, 30 % „ausbalanciert“ zwischen Arbeit und Freizeit, 23 % „familienorientiert“ (13 % der männlichen, 34 % der weiblichen Jugendlichen) und nur 16 % „freizeitorientiert“ mit „relativ hoher Distanz zur Arbeit“ (Baethge 1988, S. 70f). Dies bedeutet, daß sie in der Phase der Umorientierung ihrer Identitätskonzepte starkem Entscheidungs- und Verantwortungsdruck ausgesetzt sind und sein wollen (Kryszon 1991). Sie geraten in Konflikte zwischen eigenen Bedürfnissen und fremden Interessen, Lebenskonzepten und moralischen Ansprüchen, Traum und Realität, Allmachtsphantasien und Ohnmachtsgefühlen. „Widersprüche und Brüche im Prozeß der Identitätsfindung“ (Grösch 1987) sind aufzulösen oder auszuhalten. Durch zunehmende Technisierung steigen die fachlichen Anforderungen. Eine stabile Persönlichkeit, Verantwortungsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit in Teams werden verlangt. Diese bisher „extrafunktionalen“ Qualifikationen werden zunehmend zu „Schlüsseln“ für den Eintritt in die Erwerbsarbeit und darüber hinaus. Die bisherigen Konzepte der Lebensbewältigung reichen nicht mehr aus. So werden Lernprozesse notwendig, die – ganzheitlich und konkret – fachliche, persönliche und soziale Aspekte miteinander verbinden und thematisieren. (è Bader; Henn)
Dies umzusetzen bietet sich die TZI an. In ihr wird die Balance von Thema, Person und Gruppe unter Berücksichtigung der spezifischen Rahmenbedingungen (Globe) mit dem Ziel der „Selbstmächtigkeit“ in Kooperation und in Verantwortung (Chairperson) lebendig erlebt und gelernt.
Schaubild 8: TZI-“Globe“ in GrundformTZI ist zunächst eine Methode des Lernens in Gruppen (Interaktionsmodell). Mit den Postulaten „Sei Deine eigene Chairperson“ und „Störungen haben Vorrang“, in Verbindung mit Hilfsregeln, bietet die TZI ein Ausbildungskonzept. Mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren je nach beruflicher Verwendung soll das flexible Ausbalancieren von Sache, Person und Gruppe, unter Berücksichtigung von Rahmenbedingungen, erlernt werden. Dementsprechend kommen therapeutische, gruppendynamische (è Autschbach: Gruppenarbeit), rollen- und spielpädagogische (è Pantel) sowie schulpädagogische Methoden zum Einsatz. Dabei ist der Bezug auf die jeweilige Situation („hier und jetzt“, aber auch „einst und dann“) wichtig.
Dieses (technische) Interaktionsmodell erhält seine Füllung durch wertsetzende Axiome und Postulate. Mit ihnen soll aus der Bewußtheit für die „Autonomie“ und für die kosmische „Interdependenz“ die Haltung der Ehrfurcht, des Respekts, der Anteilnahme und die Bereitschaft zum Engagement für alles Lebendige und sein Wachstum gestärkt werden (Cohn 1974).
In diesen Wertsetzungen zeigen sich Parallelen zwischen TZI und wesentlichen Inhalten der jüdisch-christlichen Tradition, sie eignet sich also auch für den RU (Stollberg 1982, S. 146ff) und für die Unterrichtsplanung überhaupt (Schulz 1981).
Die Umsetzung von TZI erfordert eine entsprechende Ausbildung. In ihr lernen die Leitenden der Lerngruppen die Kompetenz der „teilnehmenden Leitung“. Damit sollen Grenzen zwischen Lehrperson und Lernenden aufgehoben werden, ohne Leitungsverantwortung aufzugeben („selektive Authentizität“). Diese „Schulung“ sollte durch eine berufsbegleitende Supervision ergänzt werden, damit die Qualifikation erhalten bleibt.
Themen eines Curriculums nach TZI
Nach meinen Erfahrungen ergeben sich folgende thematischen Aspekte zum Themenfeld „Meine Ausbildung und mein Beruf“:
– Meine Berufswünsche in der Kindheit
– Meine Wege zum Ausbildungsberuf
– eigene Motive (Wünsche, Träume, Erwartungen)
– Einflüsse von außen (Eltern, Schule …)
– Hindernisse und eigene Schritte zur Ausbildung
– Meine Situation als Auszubildendes
– Meine Begabungen und Schwächen
– Fachliche Qualifizierung – Leistung – Versagen
– Meine Kontakte zu anderen – Kollegialität
– Konflikte mit anderen – Interessenvertretung
– Autorität – Anpassung – Gehorsam – Widerspruch
– Mein Status jetzt und der meines Berufes
– Vergütungen – Geld
– Rahmen: Organisation – Arbeitszeit – Urlaub
– Sinn der Arbeit – für mich, für andere
– Zukunftsperspektiven in und mit dem Beruf als …
– persönliche Perspektiven nach der Ausbildung
– Arbeitsmarktperspektiven im erlernten Beruf
– Zukunft der Arbeit und meine Zukunft
– Mein Beruf in der Perspektive meines Lebens
Diese Themen geben den größeren Sachzusammenhang an und enthalten erste „Engführungen“ (Mein …). Ihre spezifische TZI-Färbung erhalten sie durch eine sorgfältige Formulierung. Dabei werden Sachaspekt, Personenbezug, Gruppenorientierung und globaler Bezugsrahmen möglichst konkret und sprachlich angemessen auf die Situation in der Lerngruppe hin zugespitzt.
Im „handlungsorientierten Lernen“ (è Bader; Henn) sind die Themen Angebote, die von den LER gewählt oder im Prozeß des Lernens gewünscht werden. Insofern ist die obige Auflistung kein geschlossenes Curriculum, sondern ein thematischer Rahmen.
Elemente für das Curriculum nach TZI
Der Einsatz der folgenden Elemente hängt vom Maß an Vertrautheit mit und innerhalb der Lerngruppe ab. Die folgenden zwölf Beispiele sind zumeist einzeln zu verschiedenen situativen Anlässen eingesetzt worden: Zu Beginn des BRU, nach dem 1. Jahr, vor der Zwischenprüfung, am Ende der Ausbildung: wenn in der Lerngruppe das Thema „dran“ war. Sequenzen aus mehreren Elementen dauern etwa vier Unterrichtswochen. Alle Beispiele sind (mit wechselndem „Erfolg“) unterrichtlich erprobt. Sie werden unterschiedlich ausführlich vorgestellt, weil manches als bekannt vorausgesetzt werden kann.
Mein Traumberuf – einst und jetzt
Schaubild 9: TZI-“Globe“: Meine AusbildungAuswertung: 1. Gemeinsamkeiten – Unterschiede 2. Ich gebe meiner Ausbildung eine Note (von 1 – 6) 3. Was ist typisch, was speziell für meine Situation?
Ziel: Urteilskompetenz erwerben
Veränderungswünsche
TZI-Thema: „Mir gefällt einiges nicht in meiner Ausbildung – was ärgert mich – worüber will ich mich beschweren – was wünsche ich mir – wie will ich diesen Wunsch zum Ausdruck bringen?“
1. Schritt: Fragenbogen (im Anschluß an Vopel, 1981, S. 139ff): Was ärgert mich in Bezug auf Vorgesetzte, Kollegen, Arbeitsbedingungen, Zeitgestaltung, Organisation, Entgelt, fachliche Förderung, meine Tätigkeiten …? 2. Schritt: Meine wichtigste Beschwerde formulieren (z.B.: „Ich lerne nichts“). 3. Schritt: Meine Forderung benennen (z.B.: „Ich will, daß mein Chef mir echte Aufgaben gibt und mir gründlich erklärt“). 4. Schritt: Was kann ich allein – mit anderen – tun, um über meine Hauptforderung in Verhandlungen einzutreten?
Ziel: 1. Frust über Mißstände in der Ausbildung artikulieren. 2. Wünsche, Anregungen, Forderungen präzisieren. 3. Handlungsschritte allein oder mit anderen planen und probieren.
Konflikte
Fächerübergreifendes Simulationsspiel: Kaufhaus hält Ausbildungsplan nicht ein – Auszubildende verweigert Arbeitsaufnahme. Dauer 3 – 4 Doppelstunden.
Einstieg: Reißerischer BILD-Titel „Fauler Lehrling“. Aufgewiegelt durch einen Gewerkschaftsfunktionär weigert sich Brigitte Z., die ihr aufgetragene Arbeit im Lager aufzunehmen. Es ist ihr einfach zu lästig, dort zu arbeiten. Ihr Chef: „Wo kämen wir denn hin, wenn wir so etwas einreißen ließen …!?“ Das Kaufhaus kündigt ihr wegen Arbeitsverweigerung. Fachleute: „Die Jugend von heute hat immer weniger Bock auf Arbeit. Sie ist verwöhnt …“
Der wahre Sachverhalt: Die Auszubildende – 1. Jahr – arbeitete vom 1.1. bis zum 30.4. im Lager. Sie hätte laut Ausbildungsplan ab 1.4. im Verkauf Damenoberbekleidung ausgebildet werden sollen. Das geschieht nicht. Brigitte Z. weigert sich, die Arbeit im Lager fortzusetzen. Der Ausbildungsleiter schickt sie nach Hause: „Ihr Ausbildungsverhältnis ist mit sofortiger Wirkung beendet.“
Am Simulationsspiel Beteiligte: Die Betroffene (Mitglied in der Gewerkschaft), die Jugendvertretung/der Betriebsrat, das örtliche Büro der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), die Kaufhausleitung, die Industrie- und Handelskammer (IHK), die Eltern, die Presse …
Planungsphase: Entsprechende Gruppen werden gebildet. Je nach Informationsstand werden Informationen zu Gesetzen und zu Rollen bei den Institutionen erkundet, erarbeitet oder vorgegeben.
Durchführung des Spiels: Schriftwechsel zwischen den beteiligten Gruppen. Alle Informationen gehen über die „Pressestelle“ (Lehrperson macht hier mit). Die Pressestelle sammelt die Korrespondenz, hilft – in der Rolle bleibend – bei Stockungen vorsichtig nach, beobachtet und kommentiert später den Verlauf.
Auswertung: Wie habe ich mich in meiner Rolle gefühlt?
Welche Schwierigkeiten hatte ich, hatten wir?
Wie würde der Konflikt in der Realität gelöst? Wie könnte er fair durchgeführt werden und „gerecht“ ausgehen? (è Rath)
Feed Back: Ich habe gelernt …
Ziele: 1. Einen Konflikt wahrnehmen. 2. Für unterschiedliche Interessen sensibel werden. 3. Einen Konflikt fair austragen. 4. Eigene und fremde Wertvorstellungen artikulieren. 5. Konstruktive Lösungen auf der Grundlage von rechtlichen Vorgaben suchen.
Sinn und Zweck meiner Arbeit in meinem Beruf
TZI-Thema : „Meine Ziele bei meiner Tätigkeit in meinem Beruf – welche habe ich – welche möchte ich verändern – welche Schritte will ich dazu tun?“Einstieg: Arbeitsblatt „Wozu arbeite ich?“
Arbeitsblatt 1: „Wozu arbeite ich?“
WOZU ARBEITE ICH ?
Im Folgenden sind einige Ziele und Zwecke angegeben, die wir mit unserer Arbeit verfolgen können. Lesen Sie bitte den Katalog in aller Ruhe durch und
versuchen Sie sich klarzumachen, was gemeint ist.
ICH WILL IN MEINEM ERLERNTEN BERUF ARBEITEN ….
1. –um die Anerkennung anderer zu gewinnen.
Ich möchte, daß sie meine Tüchtigkeit und meine Arbeitsergebnisse anerkennen.
2. – um die Bewunderung anderer zu erringen.
Ich möchte, daß andere über meine Arbeit staunen und mich „toll“ finden.
3. – um auf mich stolz zu sein.
Ich möchte sagen können: „ Das ist mein Werk. Das habe ich geschaffen.“
4. – um mich selbst zu bestrafen.
Ich sage innerlich zu mir: „Wenn ich hart genug arbeite und mich quäle, dann muß ich mich nicht schuldig fühlen.
5. – um den Kontakt mit anderen zu genießen.
Ich komme dann von zu Hause weg und kann unter meinesgleichen sein.
6. – um einen bestimmten Lebensstandard zu erreichen.
Mit dem Verdienst kann ich mir Dinge leisten, die mir wichtig sind.
7. – um mich berühmt zu machen.
Ich möchte, daß man von mir noch lange spricht, weil ich eine wichtige Leistung vollbracht habe ( Erfindung, Entdeckung ).
8. – um zu überleben.
Ich möchte durch meine Arbeit soviel verdienen, daß ich genug zu essen und ein Dach über dem Kopf habe.
9. – um „Gewinner“ zu sein.
Ich möchte besser sein als andere und meine Konkurrenten überflügeln.
10. – um eine feste Ordnung in meinem Leben zu haben.
Ohne einen festen Rahmen würde ich vergammeln und mich langweilen.
11. – um meine Neugier und meine Lust an der Abwechslung zu befriedigen
Mir liegt es, neue Ideen und Projekte anzukurbeln. Sie können dann ruhig von anderen zu Ende geführt werden.
12. – um nicht auf trübe Gedanken zu kommen.
Ohne Arbeit würde ich stumpfsinnig, deprimiert herumsitzen und nichts tun.
13. – um mich sicher zu fühlen.
Ich fühle mich sicher, wenn andere mir Aufgaben geben und ich nicht voll verantwortlich bin.
14. – um Einfluß zu haben.
Ich lasse mir nicht gerne was vorschreiben. Ich fühle mich wohl, wenn ich anderen zeigen kann, wo es lang geht. Ich führe gerne andere.
15. – um etwas Sinnvolles zu tun.
Ich möchte, daß meine Arbeit etwas Sinnvolles für die Menschen hervorbringt.
16. – um mit meinen Gaben anderen zu dienen.
Ich möchte die mir anvertrauten Kräfte verantwortlich einsetzen.
1. Kreuzen Sie die Punkte an, die mehr oder weniger auf Sie zutreffen.
2. Bringen Sie die angekreuzten Punkte in eine Reihenfolge.3. Welche der angekreuzten Einstellungen möchten Sie beibehalten, verstärken oder abschwächen oder aufgeben ?4. Gibt es innere Einstellungen in der Liste, die Sie gerne erlernen möchten ? Wie ist das möglich ? (nach Vopel 1981, S. 126ff).
TZI-Thema: „Ich zwischen Sinn, Geld, Gemeinschaft und Sicherheit – wo ist mein Ort im Viereck meiner Interessen – wo ist deiner – wir vergleichen uns miteinander. Wie will ich meine Balance finden – jetzt und später …?“
Weg: Mein Wertefeld
Ich trage in ein Dreieck oder Viereck meine Hauptziele oder -zwecke ein (z.B. Geld – sicherer Arbeitsplatz – gutes Betriebsklima – sinnvolle Arbeit). Ich bestimme meinen Ort in diesem Feld, indem ich ein Kreuz dort hinmale, wo ich mich befinde.
Geld SicherheitKlima Sinnvolle Arbeit zum Viereck hier anklicken
Plenum: An der Tafel wird ein großes Wertefeld aufgezeichnet. Jedes kann sich dort selbst einzeichnen. Es entsteht eine Werte-Landkarte dieser Gruppe.
Zur Überlegung: Mit wem stimme ich überein? Wer ist mir fremd? Wer macht mich neugierig, ihn zu befragen …?
Ziele: 1. Unterschiedliche bzw. sich ausschließende Standpunkte und Ziele wahrnehmen. 2. Das „Dilemma“ von Wertekonflikten erkennen. 3. Einsicht gewinnen, daß es keine einfachen Lösungen gibt. 4. Die eigene Zielrichtung/Veränderungsrichtung wahrnehmen; Schritte dahin überlegen und sich vornehmen.
Meine Berufung
TZI-Thema : „Ich auf der Erde – wozu bin ich da – wozu fühle ich mich im Augenblick berufen – wie will ich meiner Aufgabe gerecht werden?“
Einstieg: Malen/Collage mit dem Thema: „Ich im Kosmos/auf der Erde“.
Auswertung: 1. Gefühle, Probleme beim Malen 2. Je nach Vertrautheit Vorstellen der Bilder (s.o. Nr. 2) 3. Im Plenum Austausch über das TZI-Thema.
Dabei ergibt sich oft das Thema: „Mein Ausbildungsberuf ist nicht der richtige für mich. Er hat keine Perspektive. Soll ich abbrechen und in einen anderen Beruf wechseln?“ Da ist meist fachkundige Beratung außerhalb des Unterrichts notwendig.
Ziel: Einsicht: „Ich bin nicht allmächtig, ich bin nicht ohnmächtig“ (Cohn 1974, S. 121). Aber: Ich habe einen Entscheidungs- und Handlungsspielraum.
Moralische Dilemmasituationen
Um ins Gespräch über andere ethische Dimensionen des Berufsalltags zu kommen, eigenen sich Dilemma-Geschichten.
Beispiel 1: Wolfgangs Freund Eberhard stiehlt einen wertvollen Diamantbohrer im Betrieb. Verdächtigt wird der Strafentlassene K. Soll Wolfgang seinen Freund verraten? (Mokrosch 1980, S. 124)
Beispiel 2: Soll ein Betriebsratsmitglied Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auch dann verschweigen, wenn sein Schweigen den Kollegen, die ihn gewählt haben, sehr schadet, z.B. bei Entlassungen? (Lempert 1988, S. 13).
Beispiel 3: Der kirchentreue Unternehmer und Presbyter H. will Sonntagsarbeit einführen, um seine Maschinen besser auszulasten. Er würde sonst in Konkurs gehen, 50 Leute wären arbeitslos. Seine Frau sagt: „Du lebst nur für den Beruf. Deine 3jährige Tochter und mich vernachlässigst du. Als Christ …“ (è Robra/Süß)
Weg: Rollenspiele. (è Rath)
Arbeitsblatt 2: „Sonntagsarbeit bei CompuCad?“
Sonntagsarbeit bei CompuCAD?
Hans Quick, 30, ein dynamischer Unternehmer hat einen modernen Computerbetrieb „Compu-CAD“ für CAD-Anwendungen. Er hat 30 Mitarbeitys, die er bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit – z.B. mit gut bezahlten Überstunden – beschäftigt. 6 Auszubildende erhalten bei ihm eine gute Ausbildung. Die Branche boomt. Er möchte seine millionenschwere Hard- und Software noch besser ausnutzen. Wochenend- und Sonntagsarbeit wäre eine kostengünstige Lösung.
Als aktives Mitglied im Presbyterium seiner Kirchengemeinde – er ist über die Friedens- und Ökologiebewegung dazugestoßen – hat er die Diskussionen um die Sonntagsarbeit in seiner Kirche verfolgt. Er ist keineswegs engstirnig „fromm“, sieht aber im sonntäglichen Gottesdienst und in der Jugendarbeit der Gemeinde eine wichtige Ergänzung zu seinem harten Job als Unternehmer. Es gibt mehr im Leben als Geld und Arbeit: Frieden und Umwelt zu bewahren und soziale Gerechtigkeit für die ganze Menschheit. Vor seinem Antrag auf Genehmigung von Sonntagsarbeit beim Gewerbeaufsichtsamt will er diesen Plan mit seinen Beschäftigten, dem Betriebsrat und der Jugendvertretung besprechen. Als moderner Unternehmer will er ohne deren Zustimmung nicht entscheiden.
Vor dieser Entscheidung berät er sich mit seiner Frau.
Seine Frau, Ina, 28, ist nur halbtags mit im Betrieb beschäftigt, weil sie nachmittags und abends für die beiden Kinder, Michael, 4, und Sonja, l, Zeit haben will. In letzter Zeit merkt sie, daß ihre Ehe nur noch auf dem Papier besteht: Am Wochenende hat Ihr Mann immer noch Arbeit mit zu Hause: Kalkulationen, Planungen, Steuerprobleme, Gehaltsfragen, Kreditanträge an die Banken … In der Woche arbeitet er bis spät in die Nacht. Er sagt immer wieder: „Bald sind wir aus dem Gröbsten raus, dann machen wir es uns schön. Dann haben wir Zeit für uns …“ Hans, 35,
Betriebsratsvorsitzender, aktiver Gewerkschafter, steht hinter seiner Gewerkschaft (IGM), die Sonntagsarbeit aus Arbeitnehmerinteressen ablehnt.
Andreas, 23,
Elektrotechn. Assistent, ledig und unternehmungslustig, genießt sein Wochenende sehr: Freitagabend Disko, Samstag ausschlafen und abends wieder auf der Rolle, Sonntags ausschlafen und dann mal ausspannen – das möchte er nicht aufgeben nur für ein paar Kröten mehr.
Boris, 43,
Kommunikationselektroniker, zum Programmierer umgeschult, hat nach seiner Scheidung von seiner Frau finanzielle Sorgen: das Haus ist noch nicht abbezahlt, Frau und Kinder haben Anrecht auf einen erheblichen Teil seines Verdienstes. Auch er ist aktiver Gewerkschafter.
Mohammed, 28,
Elektriker, hat als überzeugter Moslem Verständnis dafür, daß religiöse Vorschriften eingehalten werden. Die Feiertagsruhe ist ihm heilig. Er versteht die Christen nicht, die anders denken.Petra, 27,
alleinerziehende Mutter von zwei Kindern – 3 und 9 Jahre alt – ist als Buchhalterin beschäftigt. Sie muß ihre beiden Kinder allein ernähren, weil ihr Mann sich aus dem Staube gemacht hat. Sie arbeitet gerne in ihrem Beruf, hat aber ein schlechtes Gewissen, weil sie zu wenig Zeit für ihre Kinder hat.
Chefprogrammierer Eduard, 35,
ledig, lebt ganz für seinen Beruf, er kann sich ein Leben ohne Computer gar nicht vorstellen. Er hat kein Privatleben. Die Lösung schwieriger Programmieraufgaben fordert ihn heraus: Ich will es schaffen. So arbeitet er zu Hause noch an seinem Computer an Problemen aus der Firma.
Sascha, 17,
Azubi und Jugendvertreter hat es gut, er kann seine Jugendlichen beruhigen: Für Auszubildende ist Sonntagsarbeit in jedem Fall verboten. Aber er hat auch seine Meinung dazu. Er will vielleicht in der Firma weiterarbeiten. Außerdem ist seine feste Freundin als Verkäuferin tätig und sonntags …
Suchen Sie sich eine Rolle aus, die Sie sich näher ansehen wollen.
Überlegen Sie sich Argumente, die Sie in die Diskussion einbringen könnten.
Sicherung des Existenzminimums und „gerechter“ Lohn
Lernweg: Die „Arbeiter im Weinberg“ (Mt 20) als Gerichtsverhandlung: Einer der „Ersten“ klagt vor dem Arbeitsgericht wegen ungleicher Behandlung. Prozeßparteien: die Anwälte der „Letzten“, der Arbeitgeber und der Kläger. (è Autschbach: Gleichnisse)
Ziele: 1. Den Wertekonflikt zwischen formaler Gerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit erfahren (Schutz des Schwachen). 2. Einsicht gewinnen in die Notwendigkeit der Sicherung durch soziale Netze. 3. Die Problematik „gerechter Lohn“ durcharbeiten.
Meine Zukunft im Beruf
TZI-Thema:
„Meine Zukunftsvorstellungen, meine Ideale und meine Träume vom Beruf – welche habe ich – wie will ich sie mit der Wirklichkeit in Einklang bringen – was bringen sie mir für mein persönliches Wachstum?“
Vorbereitung: Malen: Ich in 10 Jahren in einem Beruf
Auswertung: 1. Wie habe ich mich beim Malen gefühlt? 2. Die Bilder werden im Plenum – freiwillig – vorgestellt. 3. Versuch der Einordnung in die drei Rubriken: Das ist erreichbar (Realität). Das ist ein Traum, aber wohl kaum erreichbar (Traum). Das wäre erstrebenswert, könnte ich mit Anstrengung erreichen (Ideal).
Schaubild 10: TZI-“Globe“: Meine Zukunft im BerufFortsetzung mit TZI-Thema: „Meine Lebensplanung: Beruf, Familie, Freunde, Eintreten für andere und Selbstentfaltung – wie will ich das zusammenbringen in meinem Leben – um mich wohl zu fühlen?“
Ziele: 1. Zwischen Realität, Traum und Ideal unterscheiden. 2. Eigene Schritte zur Lebensplanung überlegen.
Die zukünftige Verteilung der knapper werdenden Arbeit
Lernweg: Expertendiskussion.
1. Rollen: Arbeitgeber (Kleinbetrieb), Großaktionär, Gewerkschafter, Auszubildender, alleinerziehende Mutter, Vertreter einer Kirche, Politiker (unterschiedlicher Richtung)
2. Die Gruppen informieren sich über Modelle (z.B. Verkürzung der Wochenarbeitszeit, der Lebensarbeitszeit, gleitendes Ausscheiden der Alten, Sabbatjahr, zweiter Arbeitsmarkt, Aufwerten der Nichterwerbstätigkeit, Grundlohnmodell) und entscheiden sich für eins oder mehrere, die ihrer Interessenlage entsprechen.
3. Expertendiskussion zum Thema: Weniger Arbeit – was nun?
4. Auswertung: 1. Wie habe ich mich in der Rolle gefühlt? 2. Wie kamen die Argumente unserer Gruppe an? 3. Worin sehe ich Ergebnisse der Diskussion?
Ziele (z.T. erst durch weitere vertiefende Arbeit zu erreichen): 1. Informationen erarbeiten und aufnehmen. Vor- und Nachteile jedes Modells für einzelne/Gesamtgesellschaft/Arbeitsanbieter genau definieren. 2. Interessen hinter den Positionen erfassen. 3. Ethische Begründung von Interessen analysieren. 4. Eigenen Standpunkt definieren. 5. Verfahren zum Interessenausgleich reflektieren. 6. Eine Zukunftsprognose wagen.
Literatur
Baethge, Martin: Der Stellenwert von Arbeit in den Lebenskonzepten Jugendlicher. In: Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.): Jugend und Erziehung am Ende der Achtziger Jahre. Soest 1988, S. 69-75.
Cohn, Ruth C.: Zur Grundlage des themenzentrierten interaktionellen Systems: Axiome, Postulate, Hilfsregeln (1974). In: Cohn, Ruth C.: Von der Psychoanalyse zur Themenzentrierten Interaktion. Stuttgart 1975, S. 120-133.
Cohn, Ruth C.: Zur Humanisierung der Schulen: Vom Rivalitätsprinzip zum Kooperationsmodell mit Hilfe der themenzentrierten Interaktion (TZI), (1973). In: Cohn, Ruth C.: Von der Psychoanalyse zur Themenzentrierten Interaktion. Stuttgart 1975, S. 152-175.
Feiks, Brigitte: Humanisierung der industriellen Arbeitswelt: Als Anfrage an die theologische Sozialethik und Praktische Theologie und ihre Konkretion für den Religionsunterricht an der Berufsschule. Essen 1987.
Grösch, Dieter: Biografie und Lebenskonzept: Widersprüche und Brüche im Prozess der Identitätsfindung junger Berufstätiger. Gudensberg-Gleichen 1987.
Hoff, Ernst: Arbeit, Freizeit und Persönlichkeit. Wissenschaftliche Modelle und subjektive Theorien. Bern 1986.
Kryszon, Sabine: Arbeitsansprüche der individualisierten Jugendgeneration. Berlin 1991.
Lempert, Wolfgang: Moralisches Denken: seine Entwicklung jenseits der Kindheit und seine Beeinflußbarkeit in der Sekundarstufe II. Essen 1988.
Mokrosch, Reinhold/Stoodt, Dieter: Elemente und Medien zur Friedens- und Konflikterziehung im Religionsunterricht. In: Mokrosch, Reinhold/Schmidt, Hans P./Stoodt, Dieter: Ethik und religiöse Erziehung. Stuttgart 1980, S. 101-212.
Richtlinien Evangelische Religionslehre für die Berufsschule, Landesinstitut NW, Soest, 29.10.1993 (Entwurf).
Schulz, Wolfgang: Unterrichtsplanung. München 1981.
Stollberg, Dietrich: Lernen, weil es Freude macht. München 1982.
Tismer, Karl G.: Konstanz und Veränderung in der Einstellung von Berufsschülern zur Arbeit. In: Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik 87 (1991), H. 5, S. 388-398.
Vopel, Klaus W.: Interaktionsspiele für Jugendliche, Teil 1. Hamburg 1981.
Dietrich Horstmann
Modellversuch 4
00-15 Lernfeld – Auswertung des Modellversuch 4.doc
Seite 3 / 3 – 03.02.00
Auswertung des Modellversuchs »RU als Bestandteil eines Lernfeldes«
an der Friedrich Weinbrenner Gewerbeschule Freiburg, Abt. Vermessungstechnik. Von Theo Tröndle
(vgl. »Die Lernfeldkonzeption und der Religionsunterricht; Modell 4«, in: MITTEILUNGEN Nr.2/1999)
Drei Monate sind inzwischen vergangen seit jenem Unterrichtsblock mit dem 3. Lehrjahr der Vermessungstechniker der insgesamt sechs Wochen dauerte. Wie schrieb ich doch gleich noch über den »Stand der Dinge zum Ende der zweiten Blockwoche«, dem damaligen Redaktionsschluss für die MITTEILUNGEN im Oktober 1999: »die Schülys arbeiten eifrig an ihren Lernaufträgen (auch an den RU Fragestellungen). Fast habe ich den Eindruck als Lehrer zu stören, einige nutzen meine Anwesenheit um die unterschiedlichsten Fragen abzuklären. In den Gruppen wird immer wieder auch intensiv über Aspekte des Reliauftrags diskutiert, zum Teil sehr kontrovers. Ich selbst bin sehr gespannt, wie es weitergeht, …«
Und so war es:
Die Planung
Blockwoche 1 dient der Einführung in die Thematik und um einen Überblick über fachliche Grundlagen und Zusammenhänge zu geben. Blockwoche 2 und 3 sind für die Gruppenarbeiten vorgesehen, d.h. die Schüler arbeiten selbstständig in ihrem Team an den Aufträgen, die Arbeits- und Zeitplanung bzw. -aufteilung obliegt den Schülern. Der »Stundenplan« gilt zwar weiterhin, aber nur für die Lehrer: sie begleiten und unterstützen in dieser Phase und sind (mindestens) während ihrer Unterrichtszeiten anwesend. Der Abgabetermin für alle Gruppen ist fix. Erwartet wird eine ausführliche schriftliche Ausarbeitung zu den einzelnen Fragestellungen, eine Präsentation der Ergebnisse vor der Klasse und den anwesenden Lehrern, möglichst durch PowerPoint unterstützt, sowie die Erstellung von Materialien für die Mitschüler, da diese auf die Ergebnisse der anderen angewiesen sind um die ganze Stoffbreite zu erschließen. Die Blockwochen 3 bis 6 sind für die Präsentationen und für die Erarbeitung dessen, was andere Gruppen erschlossen haben, eingeplant. Jede Gruppe präsentiert an einem Vormittag in ca. 2 Schulstunden ihre gesamten Ergebnisse und bekommt sowohl jeweils eine Fachnote für den Inhalt und eine für die Präsentation selbst, diese zählt als Deutschnote. Hier zur Erinnerung noch einmal die Fragestellungen, welche aus der „Religions- und Ethikecke“ eingebracht wurden:
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„Der Konflikt im Kosovo hat auch politische Hintergründe. Erklären Sie den Mitarbeitern Ihres Unternehmens die religiösen Orientierungen der Konfliktparteien.“
*
„Da einer Ihrer Mitarbeiter Gewissenskonflikte wegen des Bundeswehrauftrags geltend macht, informieren Sie sich über Entstehung, Funktionsweise und die Bedeutung von Gewissen bei entsprechenden Fachleuten.“
*
„Neben der Bundeswehr sind auch kirchliche Hilfsorganisationen im Kosovo vor Ort: Stellen Sie die Arbeitsprinzipien einer solchen Organisation vor.“
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„Neben technischen gibt es auch zahlreiche humanitäre Hilfen: Stellen Sie eine kirchliche Organisation vor, die sich im Kosovo engagiert.“
*
„Stellen Sie in diesem Zusammenhang (es ging um die Beschreibung der wirtschaftlichen Zielsetzung des Unternehmens) dar, was unter einer ‚Unternehmensethik‘ verstanden werden kann.“
*
„Ebenso beschäftigt sich das junge Unternehmen mit der Erarbeitung von Leitlinien für den alltäglichen Umgang miteinander. Informieren Sie diese Arbeitsgruppe, inwiefern die Prinzipien der Katholischen Soziallehre hierbei hilfreich sein könnten.“
Der Verlauf
Ich möchte an dieser Stelle nicht den Gesamtverlauf, sondern einige markante Beobachtungen von meinen Schülys und mir skizzieren:
Das war gut:
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Die Schülys waren sehr aktiv und trugen die Verantwortung für ihr eigenes Lernen; dies war ein auffallender Gegensatz im Vergleich zu anderen Berufsschulklassen die klassisch unterrichtet werden
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Die Stärken dieses Modells liegen darin, dass die Schülys an einem ganz konkreten Fall, der ihrem Berufsalltag entspricht, arbeiten und die religiösen Fragestellungen mit diesem verknüpft erleben. Diese Tatsache halte ich für außerordentlich bedeutsam.
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Gut angekommen sind die Aufgabenstellungen, bei denen auch vor Ort recherchiert werden konnte, also z.B. den Deutschen Caritas Verband besuchen. Aber auch die Gewissensproblematik wurde als sehr interessant empfunden.
Das war schwierig:
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Die Schülys kamen mit den recherchierten Materialien teilweise nicht zurecht, weil sie in einer für Schüler schwierigen bzw. unverständlichen Fachsprache verfasst waren.
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Die Umsetzung in eine PowerPoint-Präsentation stand sehr im Vordergrund und lenkte sehr von den Inhalten ab.
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Vielen ist es schwergefallen, die Arbeitsergebnisse vorzutragen, die rel. Fragestellungen wurden als sehr komplex erlebt.
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Das Präsentationskonzept sah vor, dass die einzelnen Gruppen je an einem Vormittag ihr Arbeitsergebnis als Ganzes präsentieren und nicht zerstückelt in Teilaufgaben der Fachbereiche. Hintergrund dieser Entscheidung war, dass wir die Ganzheitlichkeit stärken wollten. Dies hatte jedoch zur Folge, dass ich in jeder der beiden Klassen bei 6 Präsentationen hätte – zumindest teilweise – anwesend sein müssen. Ein Ding der Unmöglichkeit!
*
Es blieb kaum Zeit für Diskussionen, da der Religionsteil in alles andere eingebunden war und meist berufsbezogene Fragestellungen im Vordergrund standen.
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Die Arbeitsgruppen hatten enorme Schwierigkeiten mit einer ihrer Grunddisziplinen: mit der Mathematik. Die Schülys fühlten sich überfordert und alleingelassen. Die Folge war, dass die Gesamtkonzeption massiv in die Kritik geriet und die Leistungsbereitschaft für die sog. »unwichtigen Fächer« rapide absank. Panik, die anstehende Abschlussprüfung nicht bestehen zu können machte sich breit.
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Die Schüler hatten z.T. den Eindruck, dass RU sehr zeitaufwendig war und so relativ wenig Zeit für die anderen (»wichtigen«) Fächer übrig blieb.
*
Vermisst wurde, dass der RU nun gar keinen »Ausgleich« mehr biete zum herkömmlichen Unterrichtsalltag.
Mein Resümee:
Entgegen meinen Erwartungen stieß dieses Modell bei den Schülys auf wenig Gegenliebe. Zu sehr standen sie offensichtlich insgesamt unter Zeit- und Leistungsdruck. Der Religionsunterricht in dieser Phase war funktional und bewegte sich überwiegend im rationalen, kognitiven und technischen. Nicht dass ich denke, dass all dies im Religionsunterricht der Berufsschule fehl am Platze sei, aber ich höre hinter den vielen Schülerklagen deutlich (neben dem verständlichen Schülerinteresse, mit möglichst wenig Aufwand durch den Schulalltag zu kommen), dass der RU, so wie er jetzt war, seine Eigentlichkeit verloren habe. Damit war gemeint, Zeit zu haben, zu verweilen, zweckfrei zu sein, abzuschalten vom Schulalltag (nicht in Form von Schulschlaf, sondern im positiven Sinne) sich und die anderen einmal »anders« zu erleben usw. Und diese Elemente sind m.E. für den RU mit die wesentlichen.
Als positiven Aspekt dieses Modells sehe ich die Tatsache, dass wirklich sehr konkret und intensiv daran gearbeitet wurde, die oftmals divuse Glaubenseinstellung (von der die meisten Schülys nicht wissen wozu sie gut ist) zu hinterfragen und in den konkreten Berufsalltag hinein zu übersetzen.
Was bleibt?
Die Erfahrungen dieses Modellversuchs, in welchem der RU als Bestandteil eines alle Fächer umspannenden Lernfeldes angelegt ist, legen nahe, dieses Modell nicht als Grundkonzept für die gesamte Ausbildungszeit einzuführen. Gut vorstellbar ist jedoch ein ein- oder zweimaliger Einsatz dieser Konzeption innerhalb der gesamten Lehrzeit. Dabei sollte folgendes beachtet werden:
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Die Schüler sollten bei ihrer Ausarbeitung nicht bei Null anfangen müssen, sondern das, was sie zur Bearbeitung der Fragestellung brauchen in Grundzügen vom Lehrer erhalten.
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Aus dem Erarbeiteten muss nicht unbedingt eine PowerPoint-Präsentation werden, wie dies in den anderen Fächern zum Teil üblich ist. Erfahrungsgemäß überschattet der Technikaufwand die inhaltliche Auseinandersetzung.
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Die Aufgaben sollten so gestellt sein, dass die Schüler selbst zu problematisieren beginnen. Dies erreicht man bspw. durch die Forderung nach der Formulierung von Diskussionsimpulsen für die Gesamtgruppe.
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Sehr entscheidend ist, dass die Schüler in der Lage sind, alle Bereiche der Aufgabe zumindest zufriedenstellend zu erarbeiten. Kommen sie z.B. in einem Hauptfach nicht weiter, kippt das ganze Konzept.
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Sehr sorgfältige Planung und Organisation hinsichtlich der Präsentationen sind äußerst wichtig: Lieber weniger Religionsgruppen, evtl. bietet sich eine Kooperation mit einem anderen Fach an.
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Gute Zusammenarbeit des Lehrerteams ist unbedingte Voraussetzung, dazu gehören auch ein ausreichendes Maß an inhaltlicher wie zeitlicher Flexibilität.
Soviel zu diesem Versuch. Es war spannend und wird weitergehen. Für weitere Auskünfte stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Trö
Lernfeldkonzeption und RU
aus : MITTEILUNGEN Nr.2/1999 des Verbandes katholischer Religionslehrys in der Erzdiözese Freiburg
Die Lernfeldkonzeption und der Religionsunterricht: als doc.file
Überlegungen und erste Schritte
Viele Kollegys in der beruflichen Bildung werden in diesem Schuljahr mit der Lernfeldkonzeption (vgl. MITTEILUNGEN 1/99) konfrontiert. Die Reaktionen sind vielfältigst und reichen von Irritation und Hilflosigkeit bis zu hoffnungsvoller Erwartung eines ganz neuen Lehr- und Lernstils.
In einem gemeinsamen Schreiben von IRP und RPI (Religionspädagogisches Institut Karlsruhe, ev.) an die Religionslehrys der Beruflichen Schulen vom 28. Juni 1999 weisen diese auf die Neuordnung hin und bitten, diese Entwicklung nicht nur mit zu beobachten, sondern mitzugestalten. Ein erster Impuls hierzu möchte dieser Artikel sein, ferner werden wir die Lernfeldkonzeption in unserer diesjährigen Hohritt-Tagung (vgl. Tagungsprogramm) genauer in den Blick nehmen.
Die Markierungspunke dieser Konzeption – handlungsorientierter Unterricht, Vermittlung von Schlüsselqualifikationen – sind theoretisch längst abgesteckt. Nun folgt die Umsetzung, je vor Ort muß die abstrakte Bildungs- und Handlungstheorie konkrete Formen annehmen. Wo bleibt hierbei die Allgemeinbildung und mit ihr unser RU?
In diesem Beitrag wird zum einen versucht einige Modelle anzudenken, zum anderen wird von einer ersten Umsetzung berichtet. Der Blick richtet sich jeweils auf den RU.
1. Situationsbeschreibung
Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschule in Freiburg, Abteilung Vermessungstechnik.
Blockunterricht, 2 mal 6 Wochen pro Schuljahr. Die Schülys arbeiten in einem Klassenzimmer, welches einem Großraumbüro gleicht, ausgestattet mit PC-Arbeitsplätzen incl. Internet-Anschluß, Vidiobeamer und Magnettafel statt Kreide und Schwamm. Sie werden in der ersten Blockhälfte mit einer Fallstudie konfrontiert und erhalten hierzu einen konkreten Lernauftrag. Sie haben Gleit- und Kernzeiten, wie man es von der Arbeitswelt her kennt und gestalten ihre Pausen entsprechend ihres Arbeitsrythmus. Sie wählen eine Aufgabe, die sie bearbeiten wollen und bereiten die Inhalte in Absprache mit ihren Teammitgliedern so auf, daß sie ihren Mitschülern verständlich werden. Die Darstellung der Inhalte erfolgt in der zweiten Blockhälfte mit sogenannten „Präsentationen“, zudem erstellen die Schüler abschließend, in Einzel- wie Partner- oder Gruppenarbeit ein sog. „Elektronisches Fachbuch“ zur Vermessungstechnik, auf welches im Internet zugegriffen werden kann („Schule ans Netz“). Bei den Präsentationen sind alle Schüler und alle Lehrer, die im Projekt unterrichten, anwesend. Intergriert sind die berufsbildenden Fächer sowie z.Zt. die Fächer Deutsch und Gemeinschaftskunde aus dem Bereich der Allgemeinbildung, ebenso Religion. Die Lehrer wirken zunächst hauptsächlich beratend („Scaffolding“), haben feste Zeiten der Anwesenheit, organisieren Lernfelder durch Verfassen von Leittexten und Aufgabenstellungen. In der zweiten Blockhälfte geben sie zusammenfassende Überblicke über die verschiedenen Themenfelder,, konzipieren Klassenarbeiten und Trainingsbögen zur Prüfungsvorbereitung. Die Noten setzen sich zusammen aus der Fachnote für die Präsentation, einer Note für die Durchführung der Präsentation, sowie den Ergebnissen von Klassenarbeiten.
2. Modelle für den RU
Nachfolgend einige Modelle, wie sich der Religionsunterricht in dieser verändernden Landschaft der beruflichen Bildung konzeptionell eingliedern könnte. Die Sammlung ist unvollständig und erwartet Ihre Ergänzung!
Modell 1: RU „classic“
Konzept: „Klassischer“ Religionsunterricht, wie bisher
Bezug zum Lernfeld (LF): kein Bezug
Vorteile: klare Zeitstruktur, kein Arbeits- und Zeitmehraufwand, L+S wissen was sie erwartet (mehr oder weniger)
Nachteile: RU wird als abgetrennt erfahren, analog Leben – Glaube (?) Schülerwirklichkeit wird z.T. ausgegrenzt/nicht ernst genommen, organisatorisch schwierig, weil die Schülys zumindest phasenweise nicht nach Stundenplan, sondern prozeßhaft, thematisch arbeiten
Offene Fragen: Kann sich der RU dieses Konzept noch leisten?
Modell 2: RU als „Nach-Denken“
Konzept: (Schwerpunkt-)Themen des Lernfeldes werden religiös/ethisch reflektiert, abgetrennt vom normalen Unterrichtsalltag der Schüler
Bezug zum LF indirekt über die Themen, Lernfeldthemen als Impulsgeber
Vorteile: klare Zeitstruktur, flexible Terminierung innerhalb des Blocks, Inhalte entsprechen der Lebens-/Arbeitswirklichkeit der Schüler
Nachteile/Gefahren: Flexibilität der Terminierung des RU ist durch den Stundenplan des RL oft sehr begrenzt, RU wird zur „Supervision“ (verliert seine Eigentlichkeit), RU quasi als „Geheimforum“ weil u.U. nicht transparent für die Kollegen
Offene Fragen: Wie kommt dieser RU zu seinen Inhalten/Themen, wie kann Transparenz hergestellt werden?
Modell 3: RU als eigenes Lernfeld
Konzept: RU passt sich organisatorisch und methodisch-didaktisch der Lernfeldkonzepzion an, erstellt eigene Leittexte und Aufgabenstellungen, bleibt so als eigenständiges Fach deutlich wahrnehmbar, Themen eigenständig oder angelehnt an das LF
Bezug zum LF RU bleibt eigenständig, nutzt jedoch das „know-how“ der berufsspezifischen Fächer, wo die Schüler mit dieser Art zu arbeiten konfrontiert sind
Vorteile: Ausnutzung des Schülerpotentials zum eigenständigen Arbeiten, Anstoß von religiösen Lernprozessen in der Eigenverantwortlichkeit der Schülys
Nachteile: RU reduziert sich zum Teil auf reproduzierbare Inhalte, erfahrungsbezogenes Lernen (z.B. Stilleübungen) bleibt womöglich auf der Strecke, unklare Zeitstruktur und -organisation, Flexibilität der Terminierung des RU ist durch den Stundenplan des RL oft sehr begrenzt
Offene Fragen: Gradwanderung zwischen Eigenständigkeit und Integration, wie verbindlich ist die Bearbeitung der religiösen Aufgabenstellungen?
Modell 4: RU als Bestandteil des Lernfeldes (integrierter RU)
Konzept: Religiös/ethische (?) Fragestellungen werden den Arbeitsaufträgen zugeordnet, Leittexte um diese Dimension ergänzt
Bezug zum LF RU ist wie die übrigen Fächer voll integriert
Vorteile: Schülys erleben RU nicht mehr als „Bruch“, Integration von religiösen Fragestellungen in die Alltagswirklichkeit der Schüler, Ausnutzung des Schülerpotentials zum eigenständigen Arbeiten
Nachteile: Schülys erleben RU nicht mehr als „Bruch“ (ja, dieses Argument taucht sowohl als Vor- wie als Nachteil auf), unklare Zeitstruktur, RU reduziert sich total (?) auf reproduzierbare Inhalte, erfahrungsbezogenes Lernen (z.B. Stilleübungen) bleibt auf der Strecke(?), Flexibilität der Terminierung des RU ist durch den Stundenplan des RL oft sehr begrenzt
Offene Fragen: Verbindlichkeit der Bearbeitung der religiösen Aufgabenstellungen? Integration von konfessionslosen, vom RU abgemeldeten Schülys?
3. Die Umsetzung: Erste konkrete Schritte nach Modell 4
3.1 Die Vorgaben:
a) Die Fallstudie
Alle Schülys der Klasse des dritten Ausbildungsjahres der Vermessungstechnik wurden mit folgender Fallüberlegung konfrontiert:
„Sie haben zusammen mit anderen Vermessungstechnikern/-technikerinnen beschlossen, ein Vermessungsbüro zu eröffnen. Glücklicherweise haben Sie schon einen ersten Auftrag vom Bundesministerium für Verteidigung in Aussicht. Sie sollen dabei im Kosovo für die Zufahrtsstrasse zu einem Flughafen (der mit Geldern der EU erbaut wird) die Geländeaufnahme inkl. Entwurf und Trassierung erstellen.
Sie beschliessen, die Mitarbeiter des Büros in Arbeitsgruppen aufzuteilen, da vielfältige Aufgaben auf Sie zukommen, zumal Ihr Unternehmen ja noch erst gegründet werden muss.“
b) Der konkrete Lernauftrag
Die einzelnen Kleingruppen (max. 4), welche von den Schülys für die gesamte Blockzeit gebildet wurden, erhielten zu diesem Fall nun sogenannte „Lernaufträge“, z.B. „Auf Grund der Fallstudie „Auftrag im Kosovo“ und dem im Unterricht erteilten fachlichen Überblick sollen folgende Inhalte von Ihrer Gruppe erarbeitet werden:
Ihre Gruppe gibt einen Überblick über die verschiedenen Geländeformen und ihrer Darstellung. Weiterhin informieren Sie über die Möglichkeiten bei der Wahl der Rechtsform Ihres Unternehmens und den sich daraus ergebenden Konsequenzen. Da Ihr Auftraggeber die Bundeswehr ist, bekommt Ihr Auftrag eine politische Dimension. Sie stellen den Auftrag der Bundeswehr dar. Der Konflikt im Kosovo hat auch politische Hintergründe. Erklären Sie den Mitarbeitern Ihres Unternehmens die religiösen Orientierungen der Konfliktparteien.“
3.2 Der Religionsunterricht
Wie zu erkennen ist, spiegelt die Aufgabenstellung die Blickwinkel der am Lernfeldkonzept beteiligten Fächer wieder. Technologie, Fachrechnen, Wirtschaftskunde, Gemeinschaftskunde und Religion sowie Ethik.
Insgesamt wurden aus der „Religions- und Ethikecke“ folgende Fragestellungen eingebracht:
* „Der Konflikt im Kosovo hat auch politische Hintergründe. Erklären Sie den Mitarbeitern Ihres Unternehmens die religiösen Orientierungen der Konfliktparteien.“
* „Da einer Ihrer Mitarbeiter Gewissenskonflikte wegen des Bundeswehrauftrags geltend macht, informieren Sie sich über Entstehung, Funktionsweise und die Bedeutung von Gewissen bei entsprechenden Fachleuten.“
* „Neben der Bundeswehr sind auch kirchliche Hilfsorganisationen im Kosovo vor Ort: Stellen Sie die Arbeitsprinzipien einer solchen Organisation vor.“
* „Neben technischen gibt es auch zahlreiche humanitäre Hilfen: Stellen Sie eine kirchliche Organisation vor, die sich im Kosovo engagiert.“
* „Stellen Sie in diesem Zusammenhang (es ging um die Beschreibung der wirtschaftlichen Zielsetzung des Unternehmens) dar, was unter einer ‚Unternehmensethik‘ verstanden werden kann.“
* „Ebenso beschäftigt sich das junge Unternehmen mit der Erarbeitung von Leitlinien für den alltäglichen Umgang miteinander. Informieren Sie diese Arbeitsgruppe, inwiefern die Prinzipien der Katholischen Soziallehre hierbei hilfreich sein könnten.“
Viele weitere Aufgabenstellungen sind natürlich denkbar. Diese Aufträge werden von den Schülys in den ersten zweieinhalb Blockwochen selbstständig erarbeitet, Fixpunkt ist ein genauer Abgabetermin. Es besteht in der zweiten Blockhälfte die Möglichkeit, einzelne Aspekte zu vertiefen. Anzumerken ist, daß dieser konfessionell-kooperative Religionsunterricht auch mit dem Fach Ethik kooperiert, da vier Schülys des Klassenverbandes nicht am RU teilnehmen.
4. Ausblick:
Stand der Dinge zum Ende der zweiten Blockwoche (gleichzeitig Redaktionsschluß für die MITTEILUNGEN): die Schülys arbeiten eifrig an ihren Lernaufträgen (auch an den RU-fragestellungen). Fast habe ich den Eindruck als Lehrer zu stören, einige nutzen meine Anwesenheit um die unterschiedlichsten Fragen abzuklären. In den Gruppen wird immer wieder auch intensiv über Aspekte des Reliauftrags diskutiert, zum Teil sehr kontrovers. Ich selbst bin sehr gespannt, wie es weitergeht, welche Ergebnisse zustande kommen und welches Schülysfeedback es geben wird. Dies alles erfahren Sie in unseren nächsten MITTEILUNGEN.
Berufsbilder und RU
Beispiele NRW
Biologielaboranty |
Chemielaboranty |
Drucky |
Galvaniseury |
Informationselektroniky |
Lacklaboranty |
Orthopädiemechaniky |
Straßen- und Verkehrstechniky |
Fachkraft für Wasserwirtschaft |
Feinmechaniker Ibbenbüren |
Religionsunterricht in den Lernfeldern des Berufskollegs
Der Religionsunterricht im Berufskolleg steht schon seit längerer Zeit vor der Aufgabe, auch
einen Beitrag zur beruflichen Ausbildung junger Menschen zu leisten. Dabei ist mittlerweile
unstrittig, dass gerade der Aufbau personaler und sozialer Kompetenzen ein eigenständiger
Beitrag zur Entwicklung auch beruflicher Kompetenzen ist. Die alte Forderung, dass der
Religionsunterricht am Berufskolleg berufsbezogen sein muss, wird auch von Industrie und
Handwerk längst nicht mehr in der enggeführten Form vertreten, wie dies noch vor einigen
Jahren der Fall war. Mittlerweile werden Lebensbezug und Berufsbezug nicht mehr
gegeneinander ausgespielt.
Eine neue Herausforderung für den Religionsunterricht ergibt sich aber aus dem didaktischen
Ansatz, der in Nordrhein-Westfalen für das Berufskolleg verbindlich geworden ist. Nach
diesem Ansatz bilden nicht mehr die Fächer den Rahmen für die Gestaltung des Unterrichts,
sondern sogenannte Lernfelder. Alle in den vergangenen fünf Jahren neu erarbeiteten
Richtlinien sind nach solchen Lernfeldern fächerübergreifend strukturiert. Bildungspolitische
Absicht hinter dieser didaktischen Leitlinie ist es, die Handlungsorientierung im Unterricht zu
fördern und die Inhalte praxisnäher zu gestalten. Dabei tritt die Fachsystematik bisweilen in
den Hintergrund. Statt dessen werden konkrete Fähigkeiten kasuistisch an bestimmten
praxisnahen Situationen erworben. Nun will ich in diesem Zusammenhang nicht den Nutzen
oder Schaden dieses Konzeptes diskutieren – das wäre ein eigenes Thema.
An unterschiedlichen Berufskollegs in NRW haben sich Religionslehrerinnen und
Religionslehrer darauf eingelassen, ihren Beitrag zu bestimmten Lernfeldern in einem
fächerübergreifenden Ansatz zu präzisieren. Der jeweilige Religionsunterricht geht dabei
nicht in diesen teilweise sehr berufsbezogenen Beiträgen auf – dies muss deshalb betont
werden, weil häufig der Vorwurf erhoben wird, der Religionsunterricht liefere sich mit den
hier darzustellenden Beiträgen einem ökonomischen Nützlichkeitsdenken aus. Neben
lernfeldbezogenem Unterricht, wie er hier dargestellt wird, liegt das Schwergewicht des
Religionsunterrichtes weiterhin auf Themen und Situationen, die mit den Schülergruppen
vereinbart werden, wie die Richtlinien des Faches Evangelische Religionslehre dies vorsehen.
Eine besondere Chance, aber auch Schwierigkeit liegt darin, dass die Lernfelder von der
jeweiligen Bildungsgangkonferenz durch Lernsituationen konkretisiert werden müssen.
Welches Fach mit wie vielen Stunden und welchen Inhalten an einer Lernsituation beteiligt
ist, wird innerhalb der Schule verabredet, ohne dass es dafür Hilfen oder Vorgaben gibt. Ein
erster Überblick über die Beteiligung des Religionsunterrichtes an Lernsituationen zeigt drei
Möglichkeiten.
1. Religionsunterricht ist das Leitfach einer Lernsituation
Diese Konstellation ist eher die Ausnahme und legt sich dort besonders nahe, wo
Themenfelder des Religionsunterrichtes eine große Nähe zu den Fachkompetenzen haben, die
der Beruf erfordert. Zu denken ist hier an pflegerische Berufe und medizinische Hilfsberufe,
aber eben auch an den Beruf der Floristin / des Floristen, aus dem das folgende Beispiel
stammt. Ich danke Anja-Luise Borgmeier (Herford) für die Mitteilung dieses Beispiels.
Die Lernsituation heißt „Der gepflanzte Kranz“ und hat als Ausgangspunkt die Aufgabe,
einen Gestaltungsvorschlag für eine moderne Form der Trauerfloristik zu erarbeiten. Wichtige
Kompetenzen, die in dieser Lernsituation angestrebt werden, sind:
· Sensibilisierung für das Geschäftsfeld der Trauer- und Gedenkfloristik
· Entwicklung von Kriterien für eine erfolgreiche Kranzgestaltung
· Bewusstsein für gestalterische Möglichkeiten und Symbolwirkung des „Gepflanzten
Kranzes“
· Kennenlernen von Symbolpflanzen und deren Bedeutung
· Planung der Arbeitsschritte und Erproben der Technik des „Gepflanzten Kranzes“
Das Fach Religion bringt folgende Inhalte in die Lernsituation ein:
· Tod und Sterben
· Christliche Symbole und ihre Bedeutung
· Beratungsgespräche
Der Religionsunterricht leistet damit seinen Beitrag zu allen Kompetenzbereichen (Fach-
Personal- und Sozialkompetenz), wobei hier der Beitrag zur Fachkompetenz ein besonderes
Gewicht hat.
2. Religionsunterricht leistet einen Beitrag zu einer Lernsituation, die von anderen
Fächern dominiert wird.
Beispiele finden sich vor allem in kaufmännischen Bildungsgängen, aber auch in kreativen
Berufen. Dort finden sich unter den Kompetenzen, die innerhalb eines Lernfeldes erworben
werden sollen, immer auch Formulierungen, die sich mit dem fachwissenschaftlichen
Hintergrund des Religionsunterrichtes berühren. Das folgende Beispiel stammt aus der
Ausbildung zum Industriekaufmann / zur Industriekauffrau und wurde mit freundlicherweise
von Anja Rittinghaus (Minden) zur Verfügung gestellt.
Die Lernsituation ist überschrieben: „Sozialprodukt – Berechnung der gesamtwirtschaftlichen
Produktionsleistung“ Die angestrebten Kompetenzen sind:
Fachkompetenz:
Erkennen der Zusammenhänge zwischen den Größen der volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnung
Benennung der jeweiligen Größen
Unterscheidung der Berechnungen
Bestimmung und Beurteilung der fehlenden Bereiche.
Methodenkompetenz:
Berechnung der Bestimmungsgrößen
Analyse und Vergleich
Darstellung der Ergebnisse
Sozial- und Humankompetenz
Erfassung der Bewertungsproblematik
Entwurf von qualitativen Merkmalen: Sozialbilanz, Ökobilanz
Der Religionsunterricht gestaltet ein Thema, das auf die Lernsituation bezogen ist und
bestimmte Kompetenzen vermitteln will: „Arbeiten für „Lau“ – die Grenzen des
Sozialproduktes“. Dazu gehört:
· Nachdenken über die Arbeit der Familienmitglieder
· Inhalt und Qualität der Arbeit (Bewertung mit Geldchips)
· Vergleich mit der gängigen Definition des Sozialproduktes
· Fehlende Bereiche bestimmen und bewerten
· Biblische Erzählung: Maria und Marta
· Entwurf einer Sozialbilanz: Aussagen über die Lebensqualität einer Volkswirtschaft.
Der Religionsunterricht nimmt alle drei Kompetenzbereiche auf. Im Wesentlichen bewegt er
sich dabei innerhalb des Rahmens, den die beruflich orientierten Kompetenzen abstecken,
wobei er die Sozial- und Humankompetenz in besonderer Weise akzentuiert. Mit der
biblischen Erzählung von Maria und Marta bringt er allerdings auch einen ganz eigenen
Aspekt ein: die kontemplativen Seiten des Lebens, die sich jeder Quantifizierung entziehen.
3. Der Religionsunterricht gestaltet eine eigene Lernsituation zusammen mit
anderen berufsübergreifenden Fächern
Die Richtlinien einiger, vor allem gewerblich-technischer Berufe, sehen Lernfelder vor, die
ausschließlich von einem engen Verständnis von beruflicher Fachkompetenz geprägt sind. In
ihnen werden auch die für die Berufsausbildung unbestritten notwendigen anderen
Kompetenzbereiche (Personal- und Sozialkompetenz) kaum angesprochen. In solchen Fällen
kann der Religionsunterricht, gegebenenfalls gemeinsam mit anderen Fächern des
berufsübergreifenden Bereiches (Deutsch/Kommunikation, Sport/Gesundheitserziehung und
Politik/Wirtschaftslehre) eine eigene Lernsituation gestalten, die sich zwar auf die
Berufsausbildung, nicht aber auf die Lernfelder der beruflichen Richtlinien bezieht. Dabei
sollten regionale Besonderheiten und die Lernvoraussetzungen die Schülys
genauso beachtet werden wie bei allen anderen Lernsituationen. Das hier mitgeteilte Beispiel
stammt vom Verfasser des Artikels und wurde in der Bildungsgangkonferenz „Tischlerinnen /
Tischler“ (BK Rheda-Wiedenbrück) vereinbart. Neben dem Religionsunterricht beteiligt sich
das Fach Politik/Wirtschaftslehre.
Thema der Lernsituation:
„Aufarbeitung konkreter Konfliktsituationen aus dem betrieblichen Umfeld mit
ausländerfeindlichen und extremistischen Hintergründen.“
Die Lernsituation setzt mit zwei offenen Situationen ein, die von Kleingruppen
vervollständigt werden.
· Ibrahim (22) ist Tischlergeselle in einem Handwerksbetrieb, der auf Innenausbau
spezialisiert ist. Sein Meister schickt ihn zur Familie Müller, die einen Dachausbau
machen lassen will. Ibrahim schellt an der Haustür. Frau Müller öffnet mit den
Worten: „Gibt es bei uns keine deutschen Tischler mehr? Na ja, komm rein. Sprichst
du überhaupt anständig deutsch?“
· Wladimir (22) ist Tischlergeselle in einem Handwerksbetrieb, der sich auf
Innenausbau spezialisiert hat. Sein Meister schickt ihn zur Familie Schmidt, die ihr
Dachgeschoss ausbauen lassen will. Wladimir spricht im Dachgeschoss mit Herrn
Schmidt und sagt: „Hier Stützen verkleiden, Platten montieren Kollegen, da Nische
wir überlegen müssen, was machen.“
Kompetenzen, die aus Sicht des Religionsunterrichtes angestrebt werden:
· Eigene Gefühle gegenüber Menschen anderer Herkunft wahrnehmen und in der
Lerngruppe mitteilen
· Sich in Menschen anderer Herkunft einfühlen
· Möglichkeiten des Abbaus von Vorurteilen prüfen
· Für Benachteiligte Partei ergreifen
· Perspektiven für eine menschenwürdige Zukunft entwickeln
· Ansätze für einen interkulturellen und interreligiösen Dialog entwickeln
Dazu gehören aus Sicht des Religionsunterrichtes die Inhalte:
· Grundstrukturen von Vorurteilen
· Schutz des Fremden als biblischer Wert
· Deeskalationsstrategien
· Bedeutung von Religion und Kultur als Faktor zwischenmenschlicher Beziehungen
Der berufliche Bezug der Szenarien wird am Ende der Lernsituation durch konkrete Entwürfe
für Handlungsperspektiven (Regeln für ein gutes Zusammenleben; Rollenspiel: Beratung für
Wladimir und Ibrahim oder ähnliches) wieder aufgegriffen.
Was ist nun neu an diesen Beispielen?
Die Inhalte und Methoden in den vorgestellten Beispielen sind nicht neu für das Fach
Religionslehre an Berufskollegs. Neu und in gewissem Sinn auch problematisch ist die enge
Verzahnung mit der beruflichen Erfahrung einerseits und den anderen Unterrichtsfächern
andererseits. Die stärkere Akzentuierung der beruflichen Erfahrung verlangt von den
Lehrkräften eine Schwerpunktsetzung in bestimmten Bildungsgängen, Teilnahme an
Kooperationsgesprächen und Betriebserkundungen bzw. Praktika.
Schülys entwickeln bisweilen Widerstände gegen die Verbindung von
Religionsunterricht und beruflichen Kompetenzen. Der Grund dafür liegt zum Teil darin, dass
die Vorerfahrungen aus den allgemeinbildenden Schulen eine solche Verknüpfung ungewohnt
erscheinen lassen, zum anderen Teil auch darin, dass im Religionsunterricht eher
Entspannung und ein „Kontrastprogramm“ gesucht werden.
Von den Lehrkräften kommen ambivalente Signale. Einerseits bieten die Verzahnung mit
anderen Unterrichtsfächern und die Absprachen in der Bildungsgangkonferenz den
Religionslehrys einen viel tieferen Einblick in die didaktischen
Konzepte der Fächer des berufsbezogenen Bereiches. Dies ist vor allem für die kirchlichen
Lehrkräfte, die nur das Fach Religion unterrichten, eine große Chance. Wo die
Zusammenarbeit gelingt, wird das Fach Religion viel stärker in den gesamten
Bildungsprozess integriert. Dies eröffnet auch die Möglichkeit, in konkreten Situationen an
die Förderung der Personal- und Sozialkompetenz zu erinnern, die im Berufskolleg zwar von
allen Fächern angestrebt werden soll, häufig aber doch hinter die berufliche Fachkompetenz
zurücktritt.
Auf der anderen Seite fühlen sich viele Lehrkräfte – gerade die mit nur einem Fach – von der
Fülle der Bildungsgänge überfordert, in denen sie mitarbeiten sollen. Ohne eine klare
Schwerpunktsetzung, die auch schulorganisatorisch unterstützt werden muss, wird sich der
Anspruch der Lernfelddidaktik für das Fach Religionslehre nicht erfüllen lassen.
In Diskussionen mit Religionslehrys wird oft die Problematik der
Vereinnahmung des Religionsunterrichtes durch das Lernfeldkonzept als Kritikpunkt
angemerkt. Die vorgestellten Beispiele können diese Fragestellung präzisieren: Die Freiheit
des Religionsunterrichtes äußert sich im Lernfeldkonzept nicht mehr als Unabhängigkeit von
den beruflichen Zielen der Ausbildung was sich bisher oft darin zeigt, dass für eine Stunde
eine andere Lehrkraft in die Klasse kommt, die zum beruflichen Bildungsziel keine
formalisierte Verbindung hat. Die Freiheit, und damit die fachwissenschaftliche Orientierung
des Religionsunterrichtes, muss statt dessen im Bildungsgang ausgehandelt werden. Dabei
zeigen sich einerseits Gefahren der Verzweckung, andererseits ergeben sich Themen und
Situationen, die eine konstruktive Auseinandersetzung in einer ganz neuen Dimension
ermöglichen.
Johan La Gro
Johan La Gro, Pfarrer und Bezirksbeauftragter für evangelischen Religionsunterricht beim
Kirchenkreis Gütersloh, erteilt evangelischen Religionsunterricht am Berufskolleg Rheda-
Wiedenbrück